Anlässlich des Internationalen Tags der biologischen Vielfalt am 22. Mai schlägt der NABU Hamburg wegen der negativen Entwicklung der Artenvielfalt in der Hansestadt und weltweit Alarm. Im aktuellen Artenschutzreport des Bundesamtes für Naturschutz wird dieser Abwärtstrend auch für Deutschland nochmals bestätigt. Vor diesem Hintergrund ist es aus Sicht des NABU nun aber geradezu absurd, dass derzeit die EU-Kommission die geltenden EU-Vogelschutz- und Fauna-Flora-Habitat-Richtlinien (FFH) massiv lockern und so den Naturschutz schwächen will.
Deshalb rufen rund 90 Nichtregierungsorganisationen, darunter der NABU, die EU-Bürgerinnen und Bürger zur Teilnahme an einer Protestaktion unter www.naturealert.eu auf.
„Die EU-Naturschutzrichtlinien bieten im Prinzip eine gute Basis für den Schutz von Tieren, Pflanzen und Lebensräumen“, betont Alexander Porschke, Vorsitzender des NABU Hamburg. „Es fehlt aber bisher an der konsequenten Umsetzung, um eine tatsächliche Verbesserung des Naturzustandes erreichen zu können.“ Die EU-Naturschutzrichtlinien, die konkrete und verpflichtende Vorgaben für den Natur- und Artenschutz in Europa enthalten, bilden die Grundlage für den Erhalt der biologische Vielfalt, konnten den Artenschwund bisher aber weder aufhalten noch stoppen. Ausgerechnet im Umfeld des Internationalen Tags der biologischen Vielfalt droht nun den Naturschutzgesetzen in der ganzen EU und damit auch in Deutschland zusätzliche Gefahr. Denn derzeit lässt der Präsident der EU-Kommission, Jean-Claude Juncker, unter dem Deckmantel der “Entbürokratisierung” und “besseren Rechtssetzung” im Rahmen eines sogenannten „Fitness-Checks“ prüfen, ob sich die EU-Vogelschutz und FFH-Richtlinie zusammen legen und “modernisieren” lassen. „Trotz gegenteiliger Beteuerungen mancher Kommissionsvertreter besteht die Gefahr einer klaren Abschwächung des Artenschutzes sowie der europäischen Schutzgebiete“, befürchtet der NABU-Chef. „Angesichts des größten Artenschwunds seit Aussterben der Dinosaurier muss der Naturschutz stattdessen aber gestärkt werden. Hierfür benötigt die Natur jetzt die Hilfe der EU-Bürgerinnen und Bürger.“
Denn die Zeit drängt: In Hamburg hat sich die Anzahl der ausgestorbenen Pflanzenarten von etwa 20 im Jahre 1850 auf heute 170 in etwa verachtfacht. Der Anteil der ausgestorbenen, extrem und sehr seltenen Arten hat von 16 % im Jahre 1850 auf heute 55 % dramatisch zugenommen. Außerdem befinden sich aktuell in Hamburg 92 % der FFH-Lebensraumtypen und 72 % der FFH-Arten in einem ungünstigen Zustand – mit negativem Trend. Die europaweit streng geschützte und vom Aussterben bedrohte Trauerseeschwalbe war beispielsweise in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts an der Elbe noch weit verbreitet. Heute brütet sie nur noch mit vier Paaren im Naturschutzgebiet „Kirchwerder Wiesen“, und der NABU Hamburg stemmt sich mit seinen Möglichkeiten gegen ein völliges Verschwinden. „Dass wir dort angesichts der isolierten Lage die Population bislang noch halten konnten, während die Trauerseeschwalbe im gesamten Bundesgebiet auf dem Rückzug ist, grenzt an ein kleines Wunder“, ist Porschke überzeugt. „Insgesamt bieten die Bestandsentwicklungen von Arten mit europäischer Bedeutung in Hamburg ein trauriges Bild. Doch nicht nur diese, sondern ganze Tiergruppen sind nur einen kleinen Schritt vom Aussterben entfernt.“ Denn 35% der Brutvögel, 41% der Mollusken, 62% der Libellen, 81% der Schmetterlinge, 86% der Reptilien und 88% der Amphibien werden in Hamburg als gefährdet eingestuft. Weltweit hat die Artenvielfalt zwischen 1970 und 2005 einen Verlust von 27 % erfahren. Nach Schätzungen sterben bis zu 120 Arten pro Tag aus.
Der NABU ruft deshalb alle Bürgerinnen und Bürger dazu auf, bis 24. Juli 2015 unter www.naturealert.eu die EU-Kommission zum Erhalt des europäischen Naturschutzrechts aufzufordern.
Pressemitteilung NABU Hamburg
Mehr Infos auch: www.NABU.de/naturschaetze
siehe auch: /2015/06/der-kiebitz-braucht-effektiven-schutz/