In Deutschland sind 16 Millionen Menschen von krankmachendem Straßenlärm betroffen. Folgen können laut Experten Stress, eine erhöhte Herzfrequenz, Bluthochdruck und ein veränderter Hormonhaushalt sein. Besonders belastend ist die Situation an Haupt- und Durchgangsstraßen.
Michael Müller-Görnert, verkehrspolitischer Sprecher des VCD, fordert die Politik zum Handeln auf: „Lärm als Dauerzustand ist Alltag in unseren Städten. Man könnte von Akustik-Smog sprechen; mit entsprechenden Schäden für Betroffene und das Gesundheitssystem. Den Kommunen bietet sich mit den Lärmaktionsplänen die Gelegenheit, etwas dagegen zu tun. Das wichtigste Instrument ist die möglichst weitreichende Einführung von Tempo 30 – das senkt die Lärmbelastung subjektiv um die Hälfte. Ruhige Gebiete sollten darüber hinaus besonders geschützt werden, damit sie ruhig bleiben.“
Bürgerinnen und Bürger leiden oft unter dem Krach; doch fällt es ihnen schwer, selbst etwas dagegen zu unternehmen. Deshalb hat der VCD gemeinsam mit der Deutschen Umwelthilfe das Projekt „Ruhe bitte!“ ins Leben gerufen – wichtiger Bestandteil ist ein Online-Tool, mit dem man Lärmschwerpunkte ganz einfach der Kommune melden kann.
Das kostet nur wenige Klicks, verspricht Müller-Görnert: „Es dauert nur ein paar Minuten, sich an der Aktion zu beteiligen und bei seiner Verwaltung mehr Lärmschutz einzufordern. Wir bieten allen die Möglichkeit, sich rechtzeitig vor dem 18. Juli an die Verantwortlichen zu wenden – bis dahin müssen größere Kommunen ihren Lärmaktionsplan fertig haben und konkrete Maßnahmen vorstellen, um die Belastung zu verringern.“
Um das Problem flächendeckend zu lösen, seien aber auch Bund und Länder gefragt, so Müller-Görnert: „Nötig ist eine Reform des Straßenverkehrsrechts. Sie muss den Kommunen die Freiheit geben, ihre Verkehrsbelange selbst zu regeln und großflächig Tempo 30 einzuführen. Bislang ist das wegen der veralteten Gesetzeslage nicht möglich. Höchste Zeit, dass sich das ändert – für die Gesundheit der Betroffenen, die Sicherheit auf der Straße und nicht zuletzt auch fürs Klima.“
Zum Hintergrund: Den Verkehrslärm-Melder finden Sie online hier. Das Projekt „Ruhe bitte!“ von VCD und DUH wird von Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt gefördert.
Pressemitteilung VCD (23.4.)
27. Tag gegen Lärm am 24.04.2024:
Hamburg muss sich wieder verstärkt dem Fluglärmschutz widmen!
Anlässlich des 27. Tag gegen Lärm am 24.04.2024 fordert Martin Mosel, Vorsitzender der BIG-Fluglärm Hamburg e.V., Dachorganisation der Fluglärminitiativen und -vereine in Hamburg und Schleswig-Holstein, wieder verstärkte Anstrengungen beim Fluglärmschutz.
Dazu Martin Mosel: „Nach der starken Corona-Delle im Luftverkehr der Jahre 2020 und 2021, nimmt das Flugverkehrsaufkommen wieder stark zu. Fluglärm belastet dabei die Menschen in den An- und Abflugschneisen in Hamburg und den Umlandgemeinden in Schleswig-Holstein und Niedersachsen weit überproportional. Besonders die Nachtflugbewegungen nach 22 Uhr und teils bis weit nach Mitternacht lässt die Betroffenen leiden. Fluglärm stört nicht nur, er macht nachgewiesen krank. Lärm tötet Menschen, die auf Dauer Verkehrslärm – besonders Fluglärm – ausgesetzt sind. Die Menschen leiden dabei häufiger an Depressionen, Herzinfarkt, Herzschwäche und Schlaganfall. Ihr Schlaf ist beeinträchtigt und Kinder lernen im Umfeld von chronischen Lärmquellen, etwa in der Nähe von Flughäfen, langsamer.“
Vor dem Hintergrund der wieder zunehmenden Lärmlasten durch Straßen-, Schienen- und Flugverkehr bedarf es dringend verstärkter Anstrengungen beim Lärmschutz, so Mosel:
„In Hamburg sind bereits seit 2022 sämtliche Fluglärmschutzprogramme ausgeschöpft oder ausgelaufen. Nachfolgeprogramm fehlen. Die Bevölkerung ist der aktuell wieder steigenden Lärmentwicklung schutzlos ausgeliefert. Deshalb fordern wir gutausgestattete Schutzprogramm mit niedrigschwelligen Zugangsvoraussetzungen für den aktiven und passiven Fluglärmschutz. Der Hamburger Senat ist hier aufgefordert seiner Verantwortung gerecht zu werden und die Bevölkerung vor Fluglärm zu schützen.“
Völlig unverständlich ist, wie banal die verantwortlichen Behörden und der Hamburger Senat mit der Situation umgehen, dass das Verwaltungsgericht in Hamburg kürzlich die Verspätungsregel als Schutz vor Flugbewegungen nach 23 Uhr weitgehend einkassiert hat, konstatiert Mosel: „Der Fluglärmschutzbeauftragten sind mit einem richterlichen Federstrich die Sanktionsmöglichkeiten von Nachtflügen in der Zeit der Verspätungsregel nach 23 bis 24 Uhr genommen worden. Und der zuständige Umweltsenator Jens Kerstand hat sich dem nur allzu willfährig gebeugt. Aktuell können weder Gebühren, Bußgelder oder Gewinnabschöpfungen für die missbräuchliche Nutzung der Regel erhoben werden. Juristisch steht sogar die ganze Verspätungsregel auf äußerst tönernen Füssen. Wir fordern eine rechtlich einwandfreie und ihrem Schutzauftrag entsprechende Regelung, um die Nacht von vermeidbaren und unzumutbaren Fluglärm ab spätestens 23 Uhr vollständig freizuhalten.“
Eine nachhaltige Lösung gegen Fluglärm kann nur durch eine konsequente Vermeidung direkt an der Quelle erreicht werden. Flugbewegungen am Hamburger Flughafen müssen so geplant und durchgeführt werden, dass diese bis spätestens 23 Uhr mit allen Eventualitäten abgeschlossen werden können. Darüberhinausgehende Flugbewegungen dürfen nur noch echte Ausnahmen sein, also zum Beispiel medizinische Hilfsflüge und Notfälle.
Zum Hintergrund:
Der „Tag gegen Lärm – International Noise Awareness Day“ (TGL) findet seit 1998 in Deutschland statt und ist eine Aktion der Deutsche Gesellschaft für Akustik. Dieser Tag ist seit 27 Jahren zeitlich mit dem „International Noise Awareness Day“ (USA) abgestimmt. Die Awareness, d.h. die Aufmerksamkeit und die Sensibilisierung bezogen auf Lärm und seine Wirkungen sind national und international das Thema.
Weiterführende Informationen erhalten Sie unter:
www.tag-gegen-laerm.de, www.dega-akustik.de, www.ald-laerm.de
Pressemitteilung BIG Fluglärm Hamburg (23.4.)
Deutsche Umwelthilfe fordert Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit innerorts und verschärftes Lärm-Limit für Pkw und Motorräder gegen gesundheitsschädlichen Verkehrslärm
Tag gegen Lärm: Lärm ist zweitgrößte umweltbedingte Ursache für Gesundheitsprobleme, wird aber bisher nicht ausreichend gemindert
Dauerbeschallung durch Durchfahrtsverkehr, lautes Aufheulen von Motorrädern oder Sportwagen: Zum heutigen internationalen Tag gegen Lärm fordert die Deutsche Umwelthilfe (DUH) die Bundesregierung auf, Lärmschutz deutlich zu priorisieren und Betroffene besser zu schützen. Lärm ist nach Luftverschmutzung die zweitgrößte umweltbedingte Ursache für Gesundheitsprobleme, wird jedoch vonseiten der Politik nach wie vor massiv vernachlässigt. So fehlt an existierenden Straßen ein rechtlicher Anspruch auf Lärmschutzmaßnahmen, selbst wenn eindeutig gesundheitsschädliche Lärmpegel von über 65 dB(A) am Tag oder 55 dB(A) in der Nacht überschritten werden. Dabei sind die Ausmaße und Folgen der Belastung enorm: Über 16 Millionen Menschen sind deutschlandweit in gesundheitsschädlichem Maße von Straßenverkehrslärm betroffen und noch weitaus mehr fühlen sich davon belästigt. Die DUH fordert daher Tempo 30 innerorts und eine Regelung, die vorschreibt, dass das im Fahrzeugschein eingetragene Fahrgeräusch in allen Fahrzuständen eingehalten werden muss. Zudem startet die Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation eine bundesweite Mitmachaktion und ruft Bürgerinnen und Bürger dazu auf, konkrete Maßnahmen gegen Lärm zu beantragen und extrem laute Motorräder und Sportwagen zu melden.
Thomas Münzel von der Universität Mainz: „Als Kardiologe weiß ich, welchen Verlust an Lebensqualität und Lebenserwartung eine erhöhte Verkehrslärmexposition mit sich bringt. Lärmstress kann zu Herzkreislauferkrankungen inklusive der koronaren Herzerkrankung, Herzschwäche, Herzrhythmusstörungen bis hin zum Herzinfarkt und Schlaganfall führen. Doch damit nicht genug: Lärm verursacht auch psychische Erkrankungen wie Depression, Angststörungen und Demenz. Es muss sich endlich die Erkenntnis durchsetzen, dass Verkehrslärm ein ernsthafter Herzkreislaufrisikofaktor ist mit gravierenden gesundheitlichen Folgen für die Betroffenen und damit auch enorme Gesundheitskosten für die Gesellschaft verursacht. Ich fordere die Bundesregierung deshalb auf, ihre Schutzpflicht gegenüber Betroffenen wahrzunehmen und dem Schutz vor Lärm endlich den Stellenwert beizumessen, der im angemessenen Verhältnis zu den verursachten Kosten steht.“
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Der Schutz vor Verkehrslärm ist in Deutschland mangelhaft. Im Gegensatz zu anderen EU-Staaten verweigert Deutschland wirksame Maßnahmen wie Tempo 30 in der Stadt oder eine konsequente Verfolgung von überlauten Motorrädern und Sportwagen. Lärm ist extrem gesundheitsschädlich und muss konsequent reduziert werden. Wir brauchen verschärfte Lärmgrenzwerte und eine wirksame Überwachung. Die Behörden hören aktiv weg, wenn Fahrzeuge und Motorräder selbst die laschen Grenzwerte überschreiten. Daher starten wir eine bundesweite Aktion, in deren Rahmen wir mit mobilen Lärmmessungen extrem laute Motorräder und Lärm-Pkws identifizieren und den Behörden zur Stilllegung melden und zudem den vom Lärm betroffenen Bürgern eine Anleitung geben, wie sie ebenfalls solche Fahrzeuge zur Stilllegung bei den Behörden anzeigen können. Außerdem machen wir Druck für eine geänderte Typzulassung, damit alle Fahrzeuge das vorgeschriebene Lärm-Limit auch wirklich einhalten.“
Hintergrund:
Die EU-Umgebungslärmrichtlinie verpflichtet Kommunen, Lärmaktionspläne mit konkreten Maßnahmen zu erstellen. Ein von der DUH in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten zeigt, dass Kommunen mit der Lärmaktionsplanung bereits rechtssicher großflächig Tempo 30 einführen können. Diese Möglichkeit wird jedoch kaum genutzt. Bürgerinnen und Bürger können über das Lärm-Tool der DUH bei ihrer Gemeinde Anträge für mehr Lärmschutz stellen. Dass in Deutschland Nachholbedarf in Sachen Lärmschutz besteht, zeigt sich auch am laufenden EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland. Nach wie vor wurden nicht für alle Hauptverkehrsstraßen Lärmaktionspläne vorgelegt. Bis zum 13. Mai 2024 hat Deutschland Zeit, um auf die vorgebrachten Beanstandungen zu reagieren und nachzubessern.
Links:
Zum Lärm-Tool der DUH: www.duh.de/projekte/weniger-laerm/
Mehr Informationen zum Melden lauter Fahrzeuge: www.duh.de/projekte/laermspitzen/
Zur interaktiven Hotspot-Karte: https://motorradlaerm.de/#hotspot-melden
Pressemitteilung DUH (24.4.)