Deutsche Umwelthilfe kündigt Schwerpunktkampagne und notfalls juristische Durchsetzung für sofortigen Klimaschutz im Verkehr an
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kündigt an, ein Tempolimit in Deutschland mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln durchzusetzen. Notfalls werde man das per Gerichtsurteil erreichen, wenn sich auch eine künftige Bundesregierung ihrer Verantwortung für Klimaschutz und Sicherheit im Verkehrssektor weiter entzieht.
Eine entsprechende Klimaklage für den Verkehrsbereich wurde bereits im Herbst 2020 vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg eingereicht. Die DUH ist zuversichtlich, dass das OVG feststellen wird, dass die bisher ergriffenen Maßnahmen im Verkehrssektor nicht ausreichen. Nur mit einem Tempolimit für Autobahnen und der Absenkung der Höchstgeschwindigkeit außerorts auf 80 km/h und innerorts auf 30 km/h können als einzige Maßnahme bis zu 8 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden.
„Ein Tempolimit auf Autobahnen und deutlich niedrigere Geschwindigkeiten auf den übrigen Straßen ist kein Wunsch – es ist eine klimapolitische Notwendigkeit, an der eine neue Bundesregierung nicht vorbeikommt. Der Verkehrssektor wird 2021 selbst die schwachen Einsparziele des bisherigen Klimaschutzgesetzes reißen. Die Bundesregierung ist daher verpflichtet, Sofortmaßnahmen einzuleiten. Und das einzige Instrument, das sofort effektiv wirkt im Verkehr ist ein Tempolimit. Bis zu 8 Millionen Tonnen CO2 können so jedes Jahr eingespart werden – und das auch noch fast ohne Kosten für Staat und Menschen. Deshalb müssen SPD, Grüne und FDP – wenn sie ein generelles Tempolimit ausschließen – eben ein auf drei Jahre befristetes temporäres Tempolimit für die Jahre 2022 bis 2024 beschließen. Das steht auch nicht im Widerspruch zum Sondierungspapier. Zeitlich befristete Tempolimits beispielswese wegen Frostschäden sind gängige Praxis – jetzt braucht es eben ein Tempolimit wegen Klimaschäden“, sagt Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.
Eine notfalls juristische Durchsetzung hält die DUH für alternativlos: Keine andere der bisher ergriffenen oder diskutierten Klimaschutzmaßnahmen entfaltet eine kurzfristige Wirkung und ist wie ein Tempolimit kostenfrei umsetzbar. Die DUH fordert in ihrer Klage vor dem OVG sofort wirksame und einschneidende Maßnahmen im Verkehrssektor. Besonders fatal ist die Entwicklung im Pkw-Verkehr: Hier haben sich die CO2-Emissionen seit 1990 um 5 Prozent erhöht, anstatt wie geplant um 40 Prozent zu sinken. Und die bislang geplanten Maßnahmen der Bundesregierung reichen nicht aus, um die Ziele aus dem Klimaschutzgesetz und damit die verpflichtenden Grenzen aus dem Pariser Klimaschutzabkommen einzuhalten.
Deshalb verlangt die DUH die Einführung zumindest eines auf erst einmal drei Jahre befristeten temporären Tempolimits auf allen Autobahnen vom 1. Januar 2022 bis 31. Dezember 2024. Mit Tempo 100 tagsüber (wie in den Niederlanden umgesetzt) und 120 km/h nachts auf Autobahnen, 80 km/h außerorts und 30 km/h innerorts lassen sich bis zu 8 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr einsparen. Diese Einsparung ergibt sich auf der Basis der verschiedenen Gutachten des Umweltbundesamts und der Agora Verkehrswende. Bis 2034 summiert sich die Einsparung auf bis zu 100 Millionen Tonnen CO2.
Jürgen Resch: „Nur mit einer deutlichen Reduktion der Geschwindigkeit auf unseren Straßen können wir gleichzeitig die Klimabelastung reduzieren, Menschenleben retten und die Luftqualität verbessern. Eine klare Mehrheit der Menschen in diesem Land unterstützt unsere Forderung für ein Tempolimit jetzt! SPD, Grüne und FDP dürfen sich nicht erneut dem Druck der Autokonzerne beugen. Der desaströse Abschnitt zum Verkehr im Sondierungspapier ist eine direkte Missachtung des historischen Klimaschutzurteils des Bundesverfassungsgerichts. Und es sollte allen klar sein: Zu unserer Verkehrsklimaklage vor dem Oberverwaltungsgericht erwarten wir im ersten Halbjahr 2022 eine Entscheidung. Ein temporäres Tempolimit ist die einzige Möglichkeit der selbst ernannten Zukunftskoalition, der Peinlichkeit zu entgehen, mit einer Niederlage vor Gericht wegen Verletzung der Zukunftsrechte ganzer Generationen zu starten.“
Links: Jetzt Tempolimit fordern: https://www.duh.de/tempolimit-jetzt/
und eine weitere Pressemitteilung zum Thema Verkehr:
Tempo 30 wichtigste Sofortmaßnahme in deutschen Städten für Verkehrssicherheit, Klimaschutz und Saubere Luft: Deutsche Umwelthilfe begrüßt Forderung der WHO
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) begrüßt die Unterstützung ihrer Forderung nach einem generellen Tempolimit von 30 km/h innerorts durch die Weltgesundheitsorganisation WHO. Eindrucksvoll dokumentiert die WHO in ihrem heute veröffentlichten Plan für mehr Verkehrssicherheit die Notwendigkeit einer innerstädtischen Höchstgeschwindigkeit von 30 Stundenkilometern. Tempo 30 verringert die Anzahl an Verkehrsunfällen mit jährlich hunderttausendfachem Leid in den betroffenen Familien und führt zu mehr Klimaschutz und Sauberer Luft. Der WHO-Plan soll die Resolution der Vereinten Nationen, die Zahl der Verkehrstoten bis 2030 zu halbieren, unterstützen.
Dies kommentiert Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH:
„Kurz vor der Weltklimakonferenz unterstreicht die Weltgesundheitsorganisation erneut die Wichtigkeit von Tempo 30 in Städten für die Vermeidung tragischer Unfälle, den Klimaschutz und die Saubere Luft. Ich erwarte nun klare Beschlüsse der Koalitionäre für die kommende Ampel-Koalition und einen Start von Tempo 30 in unseren Städten noch im Jahr 2022. Der Straßenverkehr ist immer noch nicht sicher genug – auch in Deutschland: Im vergangenen Jahr wurden bei Verkehrsunfällen innerorts 214.000 Personen verletzt, 810 verloren ihr Leben. Noch unter dem Vertreter der Autokonzerne im Bundeskabinett, CSU-Minister Scheuer, hat die Bundesregierung ein so genanntes Verkehrssicherheitsprogramm verabschiedet, das die Zahl der Verkehrstoten bis 2030 lediglich um 40 Prozent reduzieren soll – und damit weniger als durch die Vereinten Nationen beschlossen. Selbst für dieses autofreundliche Ziel reichen die geplanten Maßnahmen jedoch nicht aus.“
Um die Zahl der Verkehrsunfälle zu reduzieren, braucht es auch eine attraktive und sichere Infrastruktur, sowohl für den Fuß- als auch Radverkehr. Die neue Bundesregierung muss deshalb sofort eine Ausbauoffensive für geschützte Radwege starten und den verantwortlichen Ländern und Kommunen helfen, durch mehr Finanzmittel und eine vereinfachte Anordnung von Pop-up-Radwegen. Bis 2025 kann und muss die Länge der Radwege gerade auch innerorts zu Lasten von Autoflächen kurzfristig verdoppelt werden. Das rettet nicht nur Menschenleben, sondern ist zwingend notwendig, um die Klimaziele zu erreichen.
Links: Zum Plan der WHO: https://www.who.int/teams/social-determinants-of-health/safety-and-mobility/decade-of-action-for-road-safety-2021-2030
Jetzt Pop-up-Radweg beantragen: https://www.duh.de/pop-up-radwege-jetzt/
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