Bis zur Mitte des Jahrhunderts soll der Ausstoß an Treibhausgasen in der Europäischen Union nach dem Willen der EU-Kommission auf netto null sinken. Dies gab EU-Klimakommissar Miguel Cañete heute in Brüssel anlässlich der Vorstellung der langfristigen Klimastrategie der EU bekannt. Der wenige Tage vor Beginn der Weltklimakonferenz in Polen präsentierte Vorschlag soll sicherstellen, dass Europa die Ziele des 2015 beschlossenen Pariser Klimavertrages umsetzt.
Frankreich, die Niederlande, Italien, Schweden, Spanien und weitere EU-Staaten haben bereits Unterstützung für ein Netto-Null-Klimaziel 2050 signalisiert, Deutschland dagegen nicht. Die Bundesregierung hat die Ziele im Klimaschutz bisher noch nicht aktualisiert, und das vor Paris gesetzte Klimaziel für 2020 wird Deutschland ohne zusätzliche Maßnahmen deutlich verpassen. Unklar ist auch, wie die für 2030 festgelegten Zwischenziele für einzelne Wirtschaftsbereiche erreicht werden sollen. Es kommentiert Stefan Krug, Leiter der Politischen Vertretung von Greenpeace:
„Mit deutlicher Verspätung beginnt die EU endlich, Konsequenzen aus dem Klimavertrag von Paris zu ziehen. Damit Europa seinen Beitrag leistet, die Klimaerwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, muss die EU aber schon 2040 klimaneutral sein. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen alle europäischen Staaten und allen voran Deutschland ihre Energieversorgung rasch und vollständig von Kohle, Öl und Gas auf saubere erneuerbare Energien umstellen. Nur wenn die Bundesregierung den Kohleausstieg noch vor 2020 startet und Maßnahmen zum Abschied von Diesel und Benzinern einleitet, wird die EU ihre heute vorgestellten Klimaziele erreichen.
Während die EU beim Klimaschutz draufsattelt, droht Deutschland sogar am seit Jahren gesetzten CO2-Ziel für 2020 deutlich zu scheitern. Bis heute hat sich Angela Merkels Regierung noch immer keine Klimaziele gesetzt, die dem Abkommen von Paris entsprechen. Wegen dieser politischen Mutlosigkeit muss die Kohlekommission vertagt werden, und die Umweltministerin muss kommende Woche mit leeren Händen zur Weltklimakonferenz nach Polen reisen.“
Pressemitteilung Greenpeace
Schritt in die richtige Richtung, aber verpasste Chance für die Pariser Klimaziele: Klimastrategie/COP24
Wenige Tage vor Beginn der UN-Klimaverhandlungen im polnischen Katowice hat die Europäische Kommission heute ihre Klimastrategie 2050 vorgestellt. Acht Szenarien sollen Wege zu den Pariser Klimazielen aufzeigen. Das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, erfüllt keines. Erstmals fasst die Europäische Kommission jedoch eine vollständige Dekarbonisierung der europäischen Wirtschaft bis zum Jahr 2050 ins Auge.
Rebecca Harms, klimapolitische Sprecherin der Grünen/EFA-Fraktion, kommentiert:
„Die heute vorgelegte Strategie markiert einen Schritt in die richtige Richtung bei der europäischen Klimapolitik. Es geht nicht mehr um graduelle Verbesserungen in einzelnen Bereichen, sondern um die Dekarbonisierung der gesamten europäischen Wirtschaft. Dieses Ziel wird in Zusammenhang gebracht mit einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung und neuen zukunftsfähigen Arbeitsplätzen. Doch leider fehlt der Europäischen Kommission der Mut, diese Vision für 2050 auch auf die näherliegenden Ziele für 2030 anzuwenden. Wir können es uns nicht leisten, die wirklich schwierigen Maßnahmen zum Klimaschutz auf die Zeit nach 2030 zu verschieben. Mit dieser Verzögerungstaktik sind die Pariser Klimaziele nicht zu erreichen. Leider hat die EU-Kommission auch die Chance verpasst, in ihrer neuen Strategie einen Klimapfad zu beschreiben, der sich am Ziel orientiert, den Klimawandel auf 1,5 Grad zu begrenzen. Wenige Tage vor den UN-Klimaverhandlungen ist das kein gutes Zeichen.“
Hintergrund
Das Europäische Parlament fordert die EU-Regierungen und die Europäische Kommission in einer Resolution auf, die Einsparung von CO2-Emmissionen von 40 Prozent auf 55 Prozent bis zum Jahr 2030 im Vergleich zum Jahr 1990 zu erhöhen. Vom 3. bis 14. Dezember verhandeln die Staats- und Regierungschefs beim UN-Klimagipfel im polnischen Katowice, wie sie die Pariser Klimaziele erreichen können. Ein neuer Klimabericht der Vereinten Nationen appelliert an die Regierungen, mehr zu tun, um das Pariser Klimaziel zu erreichen.
Eine Delegation der Grünen/EFA-Fraktion wird die UN-Klimaverhandlungen im polnischen Katowice begleiten, dabei sein werden unter anderem Bas Eickhout und Thomas Waitz.
Pressemitteilung Die Grünen/EFA-Fraktion im EU Parlament
Lifestream EU-Parlament: http://www.europarl.europa.eu/plenary/de/home.html
Europa-SPD schlägt begleitende Sozialmaßnahmen vor
„Der Klimaplan 2050 muss zu einer Zukunftsstrategie der EU werden“, sagt SPD-Klimaschutzexperte Jo Leinen. Die Europäische Kommission hat am Mittwoch, 28. November 2018, einen Entwurf für eine langfristige EU-Klimastrategie vorgelegt, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erfüllen. „Spätestens im Jahr 2050 muss die EU klimaneutral sein. Dann dürfen nicht mehr Klimagase ausgestoßen werden, als durch Kohlenstoffspeicher, zum Beispiel durch Wälder, aufgenommen werden können. Europa steht besonders in der Verantwortung, die Erderwärmung zu begrenzen.“
Der im Oktober erschienene Weltklimabericht mahnte bereits ein umfangreiches, konsequentes und sofortiges Handeln in allen Bereichen an, um den Klimawandel einzudämmen. „Die EU-Klimastrategie muss ein Fahrplan für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sein. Die EU sollte nicht nur die Klimagesetzgebung, sondern auch ihre gesamte Politik an dem Plan ausrichten. Dadurch werden die Weichen gestellt, um Europa als Standort für grüne Technologien und ein umweltschonendes Wirtschaftsmodell zu etablieren“, sagt Jo Leinen. „Auch öffentliche Fördergelder und private Investitionen müssen mit den Klimazielen in Einklang kommen.“
„Die Europa-SPD drängt darauf, den Klimaplan mit einer fundierten Sozialstrategie zu begleiten. Die Transformation muss auch neue Arbeitsplätze organisieren und den Menschen in strukturschwachen Regionen eine neue Perspektive geben. Dafür muss man aber frühzeitig Maßnahmen ergreifen und Mittel bereitstellen. Ein ehrgeiziger Klimaschutz wird nur mit der Unterstützung der Bevölkerung gelingen“, warnt Jo Leinen. Deshalb sei es unabdingbar, die Anstrengungen nicht auf Schwächere abzuladen, sondern sozial gerecht zu gestalten.
Die Kommission hat die Forderung des Parlaments erfüllt, die Strategie noch vor der Klimakonferenz in Polen vorzulegen, die am Montag, 3. Dezember 2018, beginnt. „Die Klimastrategie gibt der EU Rückenwind für die Verhandlungen in Kattowitz. Der Klimagipfel wird zur Bewährungsprobe für die Weltgemeinschaft. Europa kann mit eigenen ehrgeizigen Verpflichtungen Überzeugungsarbeit bei anderen Industriestaaten leisten“, sagt Jo Leinen, stellvertretender Vorsitzender der Parlamentsdelegation zur Klimakonferenz.
Die EU-Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament werden in den kommenden Monaten Stellung zu dem Entwurf der Kommission nehmen. Spätestens im Jahr 2020 muss die EU die finale Strategie an die UN übermitteln, so verlangt es das Pariser Abkommen von allen Vertragsstaaten.
Pressemitteilung S&D-Fraktion, SPD-Gruppe im EU-Parlament