ÜSGs: BSU prüft nochmals

Hamburgs Überschwemmungsgebiete (ÜSG) und rund HochwasserSchildKrögerkoppel400 Stellungnahmen dazu werden mit neuster Berechnungsmethode überprüft

Die elf neuen vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebiete in Hamburg werden ab sofort mit einer neuen Berechnungsmethode überprüft. Das geschieht im Rahmen der detaillierten Beantwortung der rund 400 Stellungnahmen und der Validierung zur endgültigen Festsetzung der ÜSGs. Die neue Methode kann Überflutungen an kleineren Gewässern zweidimensional berechnen. Die ersten Ergebnisse sollen Ende April vorliegen, bis Jahresende werden alle elf ÜSGs neu berechnet sein. Ob sich dabei Grenzen verändern, ist noch nicht abzusehen, auf jeden Fall sind die Ergebnisse der Berechnungen nun noch präziser. Sollten sich Änderungen ergeben, werden die Betroffenen umgehend informiert.

Bis zum 31. Oktober 2014 sind bei der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) 386 Stellungnahmen eingegangen. Alle Absender bekommen detaillierte Antworten. Beim Bearbeiten der Stellungnahmen hat der Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG, er berechnet die Ausdehnung der ÜSGs im Auftrag der BSU) ein neues, noch genaueres Verfahren zur Berechnung der ÜSG-Flächen erprobt. Es ist eine „zweidimensionale instationäre“ Modellierung der Überschwemmungen. Sie hat sich bewährt und wird ab sofort auf die Überprüfung aller ÜSGs angewandt. Sie ergänzt und verfeinert die bisherige Berechnungsmethode.

Zweidimensional bedeutet, dass zusätzlich betrachtet wird, wie sich das Wasser in der überschwemmten Fläche ausbreitet. Instationär bedeutet, dass die im Gewässerverlauf unterschiedliche Breite und Tiefe genauer erfasst und das An- und Abschwellen der Hochwasserwelle berücksichtigt wird. „Zweidimensionale instationäre“ Modelle erfassen die Gewässer und den angrenzenden Überflutungsraum damit noch genauer. Die bisher verwendete 1D-Berechnungsmethode stellt zwar für kleine Gewässer weiterhin das in Deutschland verwendete Standardverfahren dar, aber die neue Methode bildet Überschwemmungen noch realitätsnaher ab.

Die Überprüfung startet mit der Lottbek, die das kleinste Einzugsgebiet hat. Weiter geht es mit den Geestgewässern, in der Reihenfolge von den größten zu den kleinsten dort ausgewiesenen ÜSGs (Berner Au, Kollau, Tarpenbek, Ammersbek, Osterbek, Falkengraben). Danach sind die Marschgewässer Gose-Elbe, Dove-Elbe, Este und Brookwetterung vorgesehen. Die Ergebnisse für die Lottbek werden voraussichtlich Ende April 2015 vorliegen. Alle übrigen Berechnungen sollen nacheinander bis Dezember 2015 abgeschlossen sein.

Hamburg muss ÜSGs durch Bundesrecht festsetzen. Diese Vorgabe fußt auf Milliardenschäden nach Hochwassern der letzten Jahre und Jahrzehnte. Der Gesetzgeber fordert, dass mindestens solche Flächen als ÜSG festgesetzt werden, die statistisch betrachtet einmal in 100 Jahren überflutet werden.

Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt

Überschwemmungsgebiete – Stellungnahmen der Bürgerinnen und Bürger finden Berücksichtigung

In der heutigen Bürgerschaftsdebatte zu Überschwemmungsgebieten hob die Fachsprecherin Umwelt der SPD-Fraktion, Monika Schaal, hervor: „Vom grundsätzlichen Ziel des vorbeugenden Hochwasserschutzes nach Wasserhaushaltsgesetz kann und wird aus gutem Grund kein Bundesland abweichen – auch Hamburg nicht. Dennoch: Die Überschwemmungsgebiete werden nun aufgrund der knapp 400 Einwendungen der Bürgerinnen und Bürger einer Überprüfung mit neuer Berechnungsmethode unterzogen. Das ist gut und ein positives Signal gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern sowie den InitiativeSchaal_Monikan vor Ort. Das Engagement vor Ort und unsere Initiative – auch mit einem Ersuchen – haben Bewegung in dieses Thema gebracht. Die Abarbeitung der Stellungnahmen wird noch viele Monate in Anspruch nehmen. Da geht jetzt Gründlichkeit vor Schnelligkeit.“

Schaal weiter: „Die neuen Berechnungen sollen nicht mehr nur ein stationäres Bild der Überflutung liefern, sondern zusätzlich den zeitlichen Verlauf der Ausbreitung des Wassers berücksichtigen. Daraus können sich noch Veränderungen bei der Gebietsausweisung ergeben. Darüber werden die Betroffenen umgehend informiert.“

Mit Blick auf den FDP-Antrag erklärt Schaal: „Die FDP fordert in ihrem Antrag, mit einer Bundesratsinitiative dafür zu sorgen, dass der Ermessensspielraum der Länder bei der Ausweisung der Überschwemmungsgebiete vergrößert wird. Dabei ist die Behörde gerade damit befasst, mögliche Ausnahmen von den Untersagungen in Überschwemmungsgebieten nach Wasserhaushaltsgesetz zu prüfen. Ehe wir das Ermessen mit Hilfe einer Bundesratsinitiative zu vergrößern versuchen, müssen wir doch erstmal erfahren, welche Ermessensspielräume vorhanden sind, und wie die Behörde den vom Gesetzgeber eingeräumten Ermessensspielraum ausschöpft. Alles andere hieße doch, das Pferd von hinten aufzuzäumen!“ Trotz dieser Einwände werden der Antrag der FDP und der Zusatzantrag der LINKEN in den Umweltausschuss überwiesen, um das Thema in der nächsten Legislatur wieder aufzurufen. Schaal: „Für uns ist aber klar, dass wir die rechtlichen Spielräume maximal zugunsten der Betroffenen ausschöpfen wollen.“

Hintergrund:
Der Gesetzgeber hat ein Ermessen vorgesehen. Nach Paragraph 78, Abs. 3 Wasserhaushaltsgesetz kann in den festgesetzten Überschwemmungsgebiete die Errichtung und Erweiterung einer baulichen Anlage unter bestimmten Bedingungen genehmigt werden. Die Ausnahmegenehmigungen erteilen die zuständigen Wasserbehörden nach einer Einzelfallprüfung, wenn nachgewiesen werden kann, dass das Vorhaben die Hochwassersituation nicht weiter verschlechtert. Eine bezirksübergreifende Arbeitsgruppe arbeitet derzeit an Lösungen, wie die Einzelfallprüfungen erleichtert und vereinheitlicht werden können.
Pressemitteilung SPD-Bürgerschaftsfraktion

Foto: Schild an der Krögerkoppel in Sasel / Berne (c) WUZ
Mehr dazu auch in der aktuellen WUZ 91 (Ausgaben-Archiv)

Dieser Beitrag wurde unter Klima / Energie / Umwelt veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.