Umwelt im Senat ohne Stimme

Der Etat der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt wird um fast 20 Prozent gekürzt – während andere Budgets steigen oder nur minimal sinken. Am Haushalt zeigt sich: Senatorin Blankau ist die große Verliererin im Senat. Schlimmer noch: Sie agiert planlos und desinteressiert und hat keinen Rückhalt im Senat. Bei Blankaus Amtsantritt war Hamburg Umwelthauptstadt, jetzt ist die Stadt Schlusslicht und Bremser auf diesem Feld. Für Umwelt und Lebensqualität ist Jutta Blankau eine schlechte Anwältin.

Jens Kerstan, umweltpolitischer Sprecher und Vorsitzender der Grünen Bürgerschaftsfraktion, erklärt: „Frau Blankaus Wirken im Senat ist am treffendsten mit dem Wort Totalausfall beschrieben. Ihr ist es bis heute nicht gelungen, Kompetenz oder auch nur Interesse für Umwelt-, Natur- und Klimaschutz zu entwickeln. Ein aktuelles Beispiel: Während der Senat am 23. Oktober die Benennung des Botanischen Gartens nach Loki Schmidt feiert, wird fast zeitgleich bekannt, dass der Garten seine Naturschutzabteilung dichtmachen muss. Das ist Respektlosigkeit und Peinlichkeit zugleich, gerade vor dem Hintergrund der engagierten Naturschutzarbeit der Namenspatronin. Weil die Abteilung aber in den Wissenschaftsetat fällt, hält die Umweltsenatorin still. Sobald ihre Behörde nicht direkt betroffen ist, fühlt sie sich nicht zuständig. Die Liste des demonstrativen Desinteresses lässt sich verlängern: Thema Landstrom? Luftreinhaltung? Verkehrspolitik? Blankau bleibt stumm.“

Das ist leider kein Einzelfall: Folgende Punkte sind symbolisch, und bei einem Senat, der viel Wert auf Symbolik und öffentliche Inszenierung legt, bedeutsam:

· Die Hybrid-Dienstwagen der grünen Senatsmitglieder wurden sofort verkauft und gegen herkömmliche Limousinen aus der CO2-Champions-League getauscht.
· Dem Solarboot „Solaris“ wurde die Betriebsgenehmigung für die Alster entzogen.
· Unter Senatorin Blankau wurde das Umwelthauptstadtjahr zur drögen Pflichtveranstaltung. Sie hat die große Chance verpasst, Impulse, Ideen, Netzwerke für die Umwelt zu fördern.
· Die im September verkündete „Partnerschaft für Luftreinhaltung“ ist eine reine Luftnummer. Nur 13 Firmen machen mit, und auch diese gehen keine verbindlichen Verpflichtungen ein.

Schon zum Amtsantritt hat sich Jutta Blankau die Zuständigkeit für Verkehr nehmen lassen, obwohl die beiden drängendsten Umweltprobleme Hamburgs – Lärm und Luftverschmutzung – nur mit einschneidenden Maßnahmen im Verkehrsbereich zu lösen sind. Da der Verkehrsbereich der BSU entzogen wurde, spielen Umwelt- und Gesundheitsschutz im Verkehrsbereich ebenfalls keine Rolle mehr. Das bedeutet:
·       keine Stadtbahn
·       keine Umweltzone
·       keine City-Maut
·       keine Parkraumbewirtschaftung
·       kein Ökostrom mehr bei der Hochbahn

Kerstan erklärt weiter: „Das Bekenntnis des Bürgermeisters zum „ingenieurgetriebenen Umweltschutz“ ist als klare Absage an eine zeitgemäße Umweltpolitik zu verstehen. Den Netze-Deal haben Senatskanzlei und Finanzbehörde abgewickelt, über den Kopf der Umweltsenatorin hinweg. Ergebnis: Die  Energiewende wird privatisiert. Die Stadt stellt jegliche eigenen Anstrengungen ein. Die finanziellen Interessen von Vattenfall und EON bekommen grundsätzlich Vorrang vor dem Interesse der Stadt und ihrer Bürger. Energiepolitik in Hamburg machen nur noch die Konzerne. Einzige Möglichkeit zur Umkehr dieses Kurses wird der Volksentscheid im September 2013 sein.“

Das Desinteresse der Senatorin zeigt sich auch im Haushalt, der brutal zusammengestrichen wird. Der Gesamthaushalt 2013/14 liegt um jeweils 400 Mio. höher als unter Schwarz-Grün geplant war. Als Grundsatz soll dabei gelten: Die Steigerung darf maximal 0,88 % pro Jahr betragen. Der BSU-Etat dagegen schrumpft um fast ein Fünftel (-18,8 %). In keiner anderen Behörde wird so stark gekürzt. Steinbruch ist dabei der Bereich Umwelt- und Klimaschutz.

Der BSU-Haushalt sinkt dramatisch:

2012    596 Mio.
2013    522 Mio.       =  -12%
2014    485 Mio.       =  -7,1%

Die Investitionen der BSU gehen sogar noch stärker zurück:

2012    191 Mio.
2013    155 Mio.        = -18,70 %
2014    115 Mio.        = -25,97%

Im Konkreten  bedeuten die Kürzungen zum Beispiel:
·       Das Programm für nachhaltige Stadtentwicklung wird gekürzt
·       Der Titel Energieeinsparung in öffentlichen Gebäuden ist ersatzlos gestrichen
·       Der Titel Wassereinsparung in öffentlichen Gebäuden ist ersatzlos gestrichen
·       Klimaschutzziele werden relativiert und als nicht erreichbar abgeschrieben. Blumig wird auf das Jahr 2050 verwiesen.
·       Die Leitstelle Klimaschutz wird abgeschafft
·       Das Klimaschutzprogramm wird drastisch – um 35 Prozent – gekürzt
·       Die Mittel zur Förderung von Energie- und Wassereinsparung und zur Nutzung regenerativer Energien sowie von Umwelttechnologien werden halbiert
·       Das Programm „Unternehmen für Ressourcenschutz“ wird halbiert
·       Die Mittel der Energieagentur, die ihren Schwerpunkt bei der Energieberatung für sozial Schwache und Migranten hat, werden um 30 Prozent gekürzt
·       Für den Luftreinhalteplan sind nur 100.000 Euro im Haushalt vorgesehen – trotz dauerhaft überschrittener Grenzwerte und trotz drohender Strafzahlungen von der EU in Millionenhöhe

Jens Kerstan resümmiert: „Im Haushaltsplan des SPD-Senats zeigt sich: Das Ressort der schwächsten Senatorin ist zum Spar-Steinbruch des Senats geworden. Der BSU-Haushalt schrumpft binnen zweier Jahre um ein Fünftel. Die Etatkürzungen im Umweltbereich sind beispiellos. In keinem anderen Einzelhaushalt wird so brutal der Rotstift angesetzt. Diese Einsparungen betreffen viele Menschen direkt in ihrer Gesundheit und Lebensqualität.

Mit einer Umweltsenatorin, die Untätigkeit zum Programm erhoben hat, bleibt die Umwelt im Senat ohne Stimme. Bei Amtsantritt der SPD-Alleinregierung war die Stadt Umwelthauptstadt und international beachteter Vorreiter. Nach anderthalb Jahren Amtszeit von Frau Blankau  ist die Stadt jetzt zum umweltpolitischen Bremser geworden. Für Umwelt und Lebensqualität ist Jutta Blankau eine schlechte Anwältin. Im Bereich Umwelt- und  Naturschutz ist sie ein Totalausfall.“
Pressemitteilung GRÜNE-Bürgerschaftsfraktion

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