Umweltverbände lehnen LNG-Terminals ab

Ukraine-Krieg darf nicht zu neuen fossilen Abhängigkeiten führen
BUND, Robin Wood, das Klimabündnis gegen LNG und die Deutsche Umwelthilfe demonstrieren in Hamburg gegen LNG und fossile Scheinlösungen

 

Anlässlich des „LNG and Future Fuels Forums“, das heute in Hamburg stattfindet, demonstriert ein Bündnis aus Umweltgruppen vor dem Konferenzort gegen Scheinlösungen beim Klimaschutz und die Schaffung neuer fossiler Abhängigkeiten. Diskussionsgegenstand des Forums sind künftige Antriebsmöglichkeiten für die Schifffahrt, zu denen laut Programm auch LNG und weitere, auf fossilen Energieträgern basierende Ansätze gehören. Dem Bündnis gehören neben der Deutschen Umwelthilfe (DUH), dem Klimabündnis gegen LNG und Robin Wood auch die BUND-Landesverbände Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen an.

Durch den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine droht Deutschland, in weitere fossile Abhängigkeiten zu rutschen. Die demonstrierenden Umweltgruppen kritisieren das Festhalten an fossilen Geschäftsmodellen und den damit einhergehenden Wildwuchs an neuen LNG-Importterminalplänen in Deutschland. Die deutsche LNG-Debatte würde ohne den erforderlichen Fokus auf die besonders starke Klimaschädlichkeit von LNG und die Gefahr der Importe von Fracking-Erdgas geführt. Stattdessen fordert das Bündnis, jetzt konsequent auf Einsparung, erneuerbare Energien und Energieeffizienz zu setzen.

Während Branchenvertreter:innen heute unter anderem angebliche Vorzüge von Flüssigerdgas diskutieren, sagt Sascha Boden, Gas-Experte bei der Deutschen Umwelthilfe (DUH): „LNG-Terminals in Deutschland sind und bleiben Schnellschüsse. Ihr Bedarf ist nicht nachgewiesen, ebenso wenig wie die Umrüstbarkeit auf grünen Wasserstoff. Stattdessen droht durch sie eine weitere auf Jahrzehnte zementierte Abhängigkeit von fossilen Energien – zu einem Zeitpunkt, an dem wir eigentlich die Reißleine ziehen müssten. Die Kosten tragen am Ende Steuerzahler:innen, Gaskund:innen und unser Klima.“

Die DUH hat mit Rechtsgutachten nachgewiesen, dass die geplanten Terminals in Stade, Brunsbüttel sowie das Uniper-Projekt in Wilhelmshaven an den vorgeschlagenen Standorten nicht genehmigungsfähig sind. Grund dafür sind neben störfallrechtlichen auch naturschutzrechtliche Gründe. Alle drei geplanten Vorhaben sollen in unmittelbarer Nähe zu energieintensiven petrochemischen Industrieparks entstehen. In Hinblick auf das Vorhaben in Brunsbüttel erklärt Nobert Pralow, Mitglied der BUND-Kreisgruppe Steinburg und aktiv im Klimabündnis gegen LNG: „Dass immer noch der Bau dieses klimaschädlichen Projektes mitten in einem Gefährdungsort zwischen Atomkraftwerk und Mülldeponie vorangetrieben wird, ist ein Politikversagen ohne Gleichen. Als starke Klimagerechtigkeitsbewegung werden wir dieses unverantwortliche Vorhaben verhindern.“

Die Verantwortungslosigkeit des LNG-Anlagenbaus führt unmittelbar zu einem globalen Klimagerechtigkeitskonflikt. Dazu Ronja Heise, Energiereferentin von Robin Wood: „Fossile Energien – egal in welchem Aggregatzustand – finanzieren weltweit Kriege und Despoten und befeuern die Klimakrise. Schon jetzt gefährdet der globale Temperaturanstieg insbesondere diejenigen, die am wenigsten zur Klimakrise beigetragen haben. Jetzt massiv in Infrastruktur zu investieren, die uns auf Jahre hinweg an fossile Energien binden wird, ist absolut unvereinbar mit den internationalen und nationalen Klimazielen!“

Lucas Schäfer, Landesgeschäftsführer des BUND Hamburg, bringt die drei zentralen Forderungen des breiten Aktionsbündnisses für eine verantwortungsvolle Energiepolitik auf den Punkt: „Landes- und Bundespolitik müssen nun konsequent sein und sämtliche Subventionen für den Neubau fossiler Anlagen beenden. Jegliche Einsparmöglichkeiten im Energieverbrauch müssen gefördert werden. Und der hundertprozentige Ausbau der Erneuerbaren Energien muss den unmissverständlichen Fokus erhalten.“

Hintergrund:

Nachdem im Januar lediglich noch Pläne für zwei LNG-Terminals in Deutschland bestanden, hat sich die Zahl der Vorhaben durch den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und dem damit einhergehenden bundespolitischen Ziel zum Ausstieg aus russischem Erdgas mehr als verdoppelt. So hat der Energiekonzern Uniper seine 2021 abgesagten Pläne für ein Terminal in Wilhelmshaven wieder aufgenommen. Zudem bestehen Planungen für ein weiteres Terminal in Wilhelmshaven durch die Nord-West Oelleitung GmbH. In Stade treibt die „Hanseatic Energy Hub“ die Planungen für ein weiteres Terminal voran. Darüber hinaus plant die Vorhabenträgerin „German LNG“ am Standort Brunsbüttel den Bau eines Terminals. Die Bundesregierung hatte Anfang des Jahres verkündet, mit einer Beteiligung von 50 Prozent in das Vorhaben einzusteigen. Weitere Standorte für Terminals, zum Beispiel Hamburg und Rostock sind derzeit im Gespräch.

Pressemitteilung BUND Hamburg


Wildwuchs und Planung von Überkapazitäten bei Flüssigerdgas-Terminals umgehend stoppen

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert den Wildwuchs und die ausufernden Planungen für neue Flüssigerdgas-Terminals (LNG-Terminals) in Deutschland. Nachdem Bundeskanzler Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Robert Habeck zunächst den Bau zweier LNG-Terminals in Brunsbüttel und Wilhelmshaven angekündigt hatten, werden nach Recherchen der DUH inzwischen mindestens sieben Projekte an vier Standorten geplant. So sollen in Wilhelmshaven drei Anlagen entstehen, an den Standorten Stade, Brunsbüttel und Rostock je ein Terminal. Zusätzlich hat die Stadt Hamburg erklärt, die Errichtung eines LNG-Terminals zu prüfen. Einzelheiten zu den Standorten in Niedersachsen möchte Landesumweltminister Olaf Lies heute in einer Pressekonferenz bekannt geben. Ebenfalls heute hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) eine Studie veröffentlicht, aus der hervorgeht, dass russische Gaslieferungen auch ohne Neubau eines LNG-Terminals in Deutschland kompensiert werden können.

Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Die Pläne für neue LNG-Terminals schießen an der Küste wie Pilze aus dem Boden. Dabei schreckt die Gas-Lobby nicht davor zurück, den russischen Angriff auf die Ukraine dafür auszunutzen, ihre langgehegten Wunschprojekte mit Turbo-Geschwindigkeit durchzusetzen. Bundesländer, Unternehmen und Standorte wetteifern dabei um die versprochenen Millionen der Bundesregierung. Dabei hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck bis heute keine Zahlen auf den Tisch gelegt, ob es tatsächlich einen energiewirtschaftlichen Bedarf für die Terminals gibt. Dagegen zeigt die heute veröffentlichte Studie des DIW, dass Deutschland keine neuen Terminals braucht, um russische Gaslieferungen zu ersetzen. Ich fordere Robert Habeck zu einer Denkpause auf: Es darf kein weiteres Steuergeld für eine fossile Infrastruktur verschwendet werden, so lange ihr Bedarf nicht zweifelsfrei geklärt ist.“

Insgesamt summiert sich die Kapazität der aktuell geplanten Terminals auf knapp 70 Milliarden Kubikmeter Erdgas. Dies entspricht mehr als zwei Drittel des gesamten jährlichen Gasbedarfs der Bundesrepublik. Neben den landseitigen Terminals in Brunsbüttel, Stade und Wilhelmshaven werden auch mindestens drei schwimmende Terminals geplant. Das Bundeswirtschaftsministerium hat auf Nachfrage der DUH bestätigt, über die Anmietung von bis zu vier solcher Einheiten zu verhandeln. Unterstützt wird sie dabei von den Unternehmen RWE und Uniper. Auch für die schwimmenden Einheiten sind jedoch umfangreiche Planungen und Bauarbeiten für die landseitige Anbindung notwendig, nicht zuletzt die Errichtung von Kilometerlangen Pipelines zum Anschluss der Anlagen an das existierende Gasnetz.

Constantin Zerger, Leiter Energie und Klimaschutz bei der DUH: „Aktuell wird eine krasse Überkapazität an LNG-Terminals geplant. Wir laufen Gefahr, nur den Dealer zu tauschen: Anstatt konsequent auf Energieeinsparung und Erneuerbare zu setzen, schlittern wir in die nächste fossile Abhängigkeit. Mehr noch: Scheinbar wahllos schafft auch das Bundeswirtschaftsministerium selber neue Kapazitäten. Statt der zunächst angekündigten Unterstützung von zwei Projekten steigt Robert Habeck über die KfW direkt in das Projekt in Brunsbüttel ein und möchte noch bis zu vier schwimmende Terminals chartern. Dass sich eine Bundesregierung in einem solchen Umfang direkt an fossilen Projekten beteiligt, hat es noch nie gegeben. Angesichts der Erkenntnisse des DIW fordern wir den Wirtschafsminister auf, die Notbremse zu ziehen und die weitere Unterstützung neuer fossiler Anlagen zu stoppen.“

Hintergrund:

Die DUH begleitet die Pläne für LNG-Terminals in Deutschland bereits seit Jahren kritisch. Zu den bisher geplanten Standorten Brunsbüttel, Stade und Wilhelmshaven hat die DUH Rechtsgutachten veröffentlichen, die belegen, dass die Terminals an diesen Standorten nicht genehmigungsfähig sind.

Pressemitteilung Deutsche Umwelthilfe

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