Urzeittiere laichen in der Alster

Erstmals ist es einem Mitarbeiter des Projektes Lebendige Alster gelungen, laichende Bachneunaugen in der Alster zu filmen. Diese lebenden Fossilien sind entwicklungsgeschichtlich älter als Fische und gehören zu den Rundmäulern. In Hamburger Gewässern gibt es nur wenige Vorkommen des bis zu 20 cm langen Urzeittieres.

 

Im Projekt Lebendige Alster werden seit 2011 Lebensräume und Laichplätze für diese in Hamburg bedrohte Art geschaffen.

Bachneunaugen sind unheimlich alt (400-500 Millionen Jahre) und sehr heimlich. Den größten Teil ihres Lebens verbringen diese lebenden Fossilien als blinde Larven vergraben im sandigen oder schlammigen Gewässergrund. Nur der Kopf der wie eine Mischung aus Regenwurm und Aal aussehenden Larve lugt dann hervor und filtriert Schwebeteilchen aus dem Wasser. Das Larvenstadium dauert je nach Nahrungsverfügbarkeit drei bis fünf Jahre und ist die längste Phase im Leben der Bachneunaugen. Bis zu 20 cm lang können die Larven werden.

Am Ende der Larvenzeit vollzieht der Querder, wie die Larve des Bachneunauges auch genannt wird, eine erstaunliche Verwandlung: Es bilden sich Augen, Hornzähne und eine Rückenflosse heraus und die Geschlechtsorgane entwickeln sich. Der Verdauungstrakt verliert seine Funktion und verkümmert, denn erwachsene Tiere nehmen keine Nahrung mehr auf.

Das erwachsene Bachneunauge hat nur eines im Sinn: Fortpflanzung. Und die ist wirklich spektakulär. In Gruppen finden sich die aalartigen Tiere an gut überströmten Laichplätzen ein und wuseln wild umeinander. Mit ihrem Rundmaul saugen sich die Weibchen an Steinen fest und wühlen untertassengroße Laichgruben in die Kiesbank, in die sie die Eier ablegen, die sofort von den Männchen befruchtet werden. „Das Laichgeschehen zu beobachten, war ein besonderes Erlebnis für mich“, erzählt Andreas Lampe vom Projekt Lebendige Alster. „Die Tiere sind so heimlich und auch immer noch selten, dass man schon Glück haben muss, um dieses Schauspiel beobachten zu können.“

Nach der Eiablage sterben die Tiere und die schlüpfenden Larven suchen sich wieder Sandbänke und strömungsberuhigte Bereiche mit Feinsediment.

Ursprünglich waren Bachneunaugen in unseren Bächen und Flüssen weit verbreitet und sehr zahlreich. Durch die Begradigung von Gewässern und das Ausbaggern von Kies- und Sandbänken im Rahmen der Gewässerunterhaltung verschlechterten sich die Lebensbedingungen im letzten Jahrhundert schnell und eklatant. Hinzu kommt, dass die Bachneunaugen nicht besonders schwimmstark sind und Wehre und künstliche Schwellen im Gewässer unüberwindbare Hindernisse darstellen.

Die in der Alster vorkommenden Bachneunaugen stammen höchstwahrscheinlich aus einer Besatzmaßnahmen, die im Sommer 2009 an einem Quellbach der Ammersbek in Schleswig-Holstein durchgeführt wurde. Bei den Untersuchungen des Fischbestandes der Alster werden seit 2013 auch unterhalb der Poppenbüttler Schleuse Bachneunaugen nachgewiesen. „Im Projekt Lebendige Alster versuchen wir, kontinuierlich bessere Lebensbedingungen für anspruchsvollere, fließgewässertypische Alsterbewohner wie das Bachneunauge zu schaffen“, erklärt Andreas Lampe.

Seit 2011 werden im Rahmen des Kooperationsprojektes „Lebendige Alster“ von Aktion Fischotterschutz, BUND Hamburg und NABU Hamburg Maßnahmen zur ökologischen Aufwertung des Alsterlaufes und seiner Auen geplant und umgesetzt. Gefördert wird das Projekt vor allem durch die Stiftung Lebensraum Elbe und die Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft der Freien und Hansestadt Hamburg. Als weitere Unterstützerin konnte die NKG Hanseatische Natur- und Umweltinitiative (NKG HNUI) gewonnen werden.

Weitere Informationen zum Projekt unter www.lebendigealster.de.

Pressemitteilung Projekt Lebendige Alster

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