Energienetze-Volksentscheid umsetzen, nicht brechen!

Bis zum 16.10. will der Senat entscheiden, ob er das Fernwärmenetz zurückkauft. Hamburg wartet weiterhin auf seine klare Zusage, sich an den – für Bürgerschaft und Senat verbindlichen – Volksentscheid von 2013 zu halten und das Fernwärmenetz von Vattenfall zurückzukaufen.

Bürgermeister Tschenscher und Finanzsenator Dressel versuchen in den letzten Wochen alle Gründe an den Haaren herbeizuziehen, die einen Bruch des Volksentscheids vermeintlich legitimieren könnten.

Die auf Vattenfall-Daten beruhende Wertermittlung sollte die Behauptung stützen, wegen der Landeshaushaltsordnung dürfe die Stadt nicht zurückkaufen. Zwei Gutachten zu Kosten-Nutzen-Analysen, wie die LHO sie vorschreibt, ergaben für den Fall eines Rückkaufs große Vorteile für die Stadt und die Bürgerinnen und Bürger.Eine Wertermittlung, die den Rückkauf zugrunde legt, hätte einen deutlich höheren Wert erbracht.

Die Fernwärmepreise würden durch den von Olaf Scholz vereinbarten Mindestkaufpreis von 950 Mio.€ steigen, so hieß es. Kostensteigerungen drohen aber vor allem von der Fernwärme-Trasse unter der Elbe (Kosten von mindestens 150 Mio. €) und von den Anlagen, die von der Behörde für Umwelt und Energie südlich der Elbe geplant werden. Zu diesen gibt es Alternativen, die kostengünstiger, schneller zu realisieren und klimafreundlicher sind.

Eine Erhöhung der städtischen Beteiligung am Fernwärmenetz auf 51% wurde als „Kompromiss“ ins Spiel gebracht.. Das wäre nur zu den Bedingungen von Vattenfall möglich und zudem ein glatter Bruch des Volksentscheids.

Und zu schlechter Letzt zieht Vattenfall jetzt die Behauptung aus der Tasche, die EU-Kommission müsse erst prüfen, ob der Mindestpreis eine verbotene Beihilfe beinhalte. Vorher dürfe Vattenfall das Fernwärmenetz nicht verkaufen. Abgesehen davon, dass diese Frage zweifellos bereits 2014 bei Abschluss des Vertrages mit der Stadt geprüft wurde: Ein Akt der Verzweiflung oder ein mit dem Senat abgesprochener Schachzug?

Bis Ende November muss der Senat entscheiden: Setzt er den Volksentscheid um – im Interesse der Stadt und ihrer Bürger*innen und im Interesse des Klimaschutzes. Oder bricht der den Volksentscheid und verstößt damit auch gegen Verfassungsrecht?

Gilbert Siegler vom Hamburger Energietisch: „Führende SPD-Mitglieder haben die Umsetzung des Volksentscheides versprochen „ohne Tricks und Hintertürchen“ (A. Dressel). Brechen sie jetzt ihr Versprechen? Die Grünen haben den Volksentscheid mit zum Erfolg geführt. Senator Kerstan hat den Rückkauf eingefordert, aber von anderen führenden Grünen in Hamburg hört man keine Unterstützung für ihren Senator. Wollen die Grünen den Fernwärme-Rückkauf der Koalitionsräson opfern?“

Der Hamburger Energietisch erwartet vom Senat die vollständige Umsetzung des Volksentscheids. Er weiß sich damit laut einer repräsentativen Umfrage in Übereinstimmung mit der großen Mehrheit der Hamburgerinnen und Hamburger.

Text des Volksentscheids vom 22.9.2013:
„Senat und Bürgerschaft unternehmen fristgerecht alle notwendigen und zulässigen Schritte, um die Hamburger Strom-, Fernwärme- und
Gasleitungsnetze 2015 wieder vollständig in die Öffentliche Hand zu übernehmen. Verbindliches Ziel ist eine sozial gerechte, klimaverträgliche und demokratisch kontrollierte Energieversorgung aus erneuerbaren Energien.“

Pressemitteilung Hamburger Energietisch


Vattenfall versucht Fernwärmerückkauf zu torpedieren

Das jüngste Manöver des Energiekonzerns Vattenfall, über eine angebliche Beihilfe-Problematik doch noch in letzter Minute den Rückkauf der Fernwärme durch die Stadt Hamburg zu verhindern, stößt auf scharfe Kritik des BUND Hamburg. Vattenfall versucht mit einem Verweis auf ein vermeintlich notwendiges Prüfverfahren durch die Europäische Kommission den ohnehin engen Zeitplan für die Übernahme in die öffentliche Hand zu Fall zu bringen.

„Das Beihilfe-Thema ist nicht neu, die Unternehmensbewertung ist nicht neu. Dass Vattenfall erst jetzt kurz vor der Einigung in der rot-grünen Koalition diese Karte zieht, kann nur als verzweifelter Versuch gewertet werden, den Rückkauf doch noch zu verhindern. Der Senat muss in jedem Fall jetzt die Kaufoption ausüben“, so Manfred Braasch, Landesgeschäftsführer des BUND Hamburg.

Irritierend ist allerdings auch, dass Vattenfall offenbar aktiv von der Finanzsenator Dressel unterstellten Hamburger Gesellschaft für Vermögens- und Beteiligungsmanagement (HGV) um eine Einschätzung zum Thema Beihilfe gebeten wurde. Der „Wärmevertrag“ aus dem Jahr 2014 zwischen Vattenfall und der stadteigenem HGV legte unter anderem den Mindestkaufpreis für die Fernwärme in Höhe von 950 Millionen fest und schloss eine Kaufpreisanpassung im Falle eines in 2018 festgestellten niedrigeren Unternehmenswerts bei Übernahme aus. Das jetzt eingetretene Szenario eines geringeren Unternehmenswertes war also Bestandteil der vertraglichen Regelung. Dieser Vertrag ist damals von der Rechtsabteilung des Unternehmens Vattenfall und von der HGV eingehend geprüft worden. Gäbe es tatsächlich ein Beihilfe-Problem, hätte der Vertrag diese Regelung nicht enthalten dürfen.

„Finanzsenator Dressel muss sich jetzt klar zur Beihilfe-Problematik äußern. Das möglicherweise abgestimmte Vorgehen der HGV und des Unternehmens Vattenfall ist äußerst irritierend“, so Manfred Braasch.

Pressemitteilung BUND HH

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