Prognosen sind keine Fakten – Politik muss den Teufelskreis vonStraßenbau und wachsendem Autoverkehr brechen!
Die neue Verkehrsprognose der Bundesregierung geht bis 2040 von steigendem Verkehr auf Straßen und Schienen aus. Dieses Ergebnis soll jetzt in die kommende Bedarfsplanüberprüfung des Bundes einfließen – soll also vermutlich auch den Neubau von Straßen legitimieren. Michael Müller-Görnert, verkehrspolitischer Sprecher des ökologischen Verkehrsclubs VCD, warnt vor falschen Schlüssen.
Verkehrsminister Volker Wissing erweckt den Eindruck, seine Verkehrsprognose zeige Fakten auf, an der die Politik nicht rütteln könne. Das ist falsch, wie etwa zahllose überkommene Prognosen zur Bevölkerungsentwicklung zeigen. Wahr dagegen ist: Wer Straßen baut, wird Autos ernten. Der Autoverkehr wird nur dann im prognostizierten Maße steigen, wenn auch der Straßenneubau wie bisher weitergeht. Womit dann später weitere neue Autobahnen gerechtfertigt werden. Ein Teufelskreis.
Wir haben bereits über 13.000 Kilometer Autobahnen im Land, eines der dichtesten Netze der Welt. Im Sinne des Klimaschutzes, der Artenvielfalt und der Lebensqualität darf es so nicht weitergehen. Richtig wäre es deshalb, den bereits laufenden Umstieg auf die Schiene zu fördern – hier muss der Ausbau beschleunigt werden, der Deutschlandtakt muss in Gang kommen. Der VCD fordert einen überjährigen Finanzierungsfonds in Milliardenhöhe.
Für die Straße muss dagegen gelten: Priorität hat die Sanierung maroder Brücken und Fahrbahnen. Mehr Kapazitäten im bestehenden Netz würde – fast kostenlos und ab sofort – ein Tempolimit schaffen. Denn niedrigere Geschwindigkeiten senken nicht nur den CO2-Ausstoß und erhöhen die Verkehrssicherheit – sie machen den Verkehr auch flüssiger und reduzieren Staus und Engpässe. Eine Win-Win-Win-Situation.
Pressemitteilung VCD
Greenpeace zur neuen Basisprognose des Verkehrsministeriums
Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) rechtfertigt mit der heute vorgestellten Basisprognose den weiteren Neu- und Ausbau des deutschen Straßennetzes. Zwar gehe der Pkw-Verkehr laut Prognose bis 2040 leicht um ein Prozent zurück, das ändere jedoch nichts daran, dass das Auto das dominante Verkehrsmittel bleibe, so Wissing. Gleichzeitig kassiert die Prognose das im Koalitionsvertrag festgelegte Regierungsziel, den Personenverkehr auf der Schiene bis zum Jahr 2030 zu verdoppeln. Dieses Ziel wird in der vorgestellten Prognose selbst im Jahr 2040 noch nicht annähernd erreicht. Greenpeace Verkehrsexpertin Lena Donat sieht in Wissings Prognose eine selbsterfüllende Prophezeiung und fordert mehr politische Gestaltung:
“Volker Wissing will tausende Kilometer Autobahnen und Bundesstraßen zusätzlich bauen oder erweitern lassen und stellt dann fest, dass der Autoverkehr nicht sinkt und mehr LKW fahren. Das ist etwa so überraschend, wie jeden Tag drei Stück Sahnetorte zu essen und zu merken, dass man nicht abnimmt. Dabei zeigen andere Prognosen, dass die Entwicklung schon mit wenigen politischen Veränderungen, etwa einem Tempolimit oder einem abgeschafften Dieselprivileg, völlig anders verläuft. Die Bundesregierung braucht mehr Gestaltungsanspruch, um das versprochene Wachstum im Bahnverkehr und die Klimaziele überhaupt erreichen zu können.
Wenn selbst in Wissings müder Fortschreibung des Status quo die Schiene mit weitem Abstand am schnellsten zulegt, dann ist doch klar, dass die Investitionen hierhin fließen müssen. Der Zustand des Autobahnnetzes wiederum ist zu schlecht, um hier auf absehbare Zeit anderes zu tun, als zu sanieren. Jeder weitere Meter Autobahn ist eine Fehlinvestition.”
Pressemitteilung Greenpeace