„Verantwortungsloses Ergebnis mit großem Mangel

… an Verbindlichkeit“: Deutsche Umwelthilfe zur Einigung über neue EU-Luftqualitätsrichtlinie:
Der Rat der Europäischen Union, das Europäische Parlament und die Europäische Kommission haben sich auf eine neue Europäische Luftqualitätsrichtlinie und damit auf neue Grenzwerte für Luftschadstoffe ab 2030 geeinigt.

Das kommentiert DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch:

„Die Einigung der EU für eine Neuregelung der Luftqualitätsrichtlinie ist verantwortungslos. Wir begrüßen zwar neue, schärfere Grenzwerte für Luftschadstoffe, aber sie müssen auch so schnell wie möglich wirksam sein. Das ist hier definitiv nicht der Fall. Die neuen Grenzwerte ab 2030 sind zu lax und enthalten zu viele Ausnahmen. Zum einen sind die Jahresmittelgrenzwerte für das Dieselabgasgift Stickstoffdioxid und für Feinstaub PM2,5 doppelt so hoch wie die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt. Zum anderen wurden so viele Ausnahmeregelungen aufgestellt, dass die Menschen teilweise noch zusätzlich zehn Jahre krankmachende Luft atmen müssen. Die Gesundheit der EU-Bürgerinnen und -Bürger ist bei den Verhandlungen dem Diktat der Industrieinteressen zum Opfer gefallen. Den Mitgliedsstaaten ging es mehr um die Vermeidung von konkreten Maßnahmen als um die Vermeidung unnötiger Todesfälle durch Luftverschmutzung. Damit vergibt die EU die Chance auf wirklich Saubere Luft für die nächsten Jahrzehnte. Wir fordern die Bundesregierung auf, diesen historischen Fehler wettzumachen und schnellstmöglich die Grenzwertempfehlungen der WHO für Deutschland umzusetzen.“

Hintergrund:

Die Einigung sieht ab 2030 neue Grenzwerte für bestimmte Luftschadstoffe vor. Unter anderem soll ab 2030 für Stickstoffdioxid (NO2) ein Jahresmittelgrenzwert von 20 µg/m3 gelten, für Feinstaub PM2,5 ein Jahresmittelgrenzwert von 10 µg/m3. Die WHO hatte 2021 empfohlen, dass für NO2 ein Grenzwert von 10 µg/m3 und für PM2,5 ein Grenzwert von 5 µg/m3 im Jahresmittel zum Schutz der Gesundheit eingehalten werden sollte. Zusätzlich zur schwachen Ausgestaltung der Grenzwerte werden Regionen, welche die Grenzwerte bis 2030 nicht einhalten, weitreichende Ausnahmeregelungen eingeräumt. Diese ermöglichen, die Frist für die Einhaltung um bis zu zehn Jahre auf 2040 zu verschieben.

In den nun abgeschlossenen Trilogverhandlungen wurde eine Einigung zwischen den Unterhändlern der jeweiligen Institutionen auf einen gemeinsamen Entwurf erzielt. Diesem müssen nun Rat und Parlament noch formal zustimmen, damit die neue Europäische Richtlinie als angenommen gilt.

Pressemitteilung DUH


EU-Gesetz für Luftqualität: Neue Grenzwerte erfordern massives Nachsteuern in Hamburg

Erst im vergangenen September hatte der Senat das Dieselfahrverbot an der Max-Brauer-Allee und der Stresemannstraße aufgehoben. Die Verschärfung der Grenzwerte für Luftschadstoffe durch die EU zeigt nun, wie kurzfristig das gedacht war:

Dazu kommentiert die Vorsitzende des BUND-Landesverbandes Hamburg, Sabine Sommer:

„Um die ab 2030 geltenden Grenzwerte einhalten zu können und die Menschen in Hamburg wirksam vor Gesundheitsschäden zu schützen, muss Hamburg jetzt massiv nachsteuern. Die schnelle Umsetzung der Verkehrswende ist dafür unerlässlich. Es braucht dringend eine Verlagerung von PKW-Verkehr auf den Umweltverbund, also den ÖPNV, Rad- und Fußverkehr. Zur Senkung der Feinstaubemissionen wird der Umstieg auf E-Mobilität nicht ausreichen. Diese gehen vor allem auf Reifen- und Bremsabrieb zurück und entstehen damit auch bei Fahrzeugen mit E-Antrieben.

Des Weiteren muss der Senat Maßnahmen wie Parkraumbewirtschaftung, Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit in der Stadt schnell umsetzen und den schnellen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs mit attraktiven Taktzeiten priorisieren. Luftverschmutzung trägt wesentlich zur Entstehung chronischer Erkrankungen wie Schlaganfällen, Herzinfarkten, oder Diabetes bei und ist europaweit für 300.000 Todesfälle im Jahr verantwortlich. Diese Zahl zeigt, wie groß das Problem tatsächlich ist.“

Zum Hintergrund:
Die EU beschließt eine neue Richtlinie zur Luftqualität, die eine annähernde Halbierung der Grenzwerte für Stickoxid und Feinstaub bis 2030 vorsieht. Erstmalig soll es darüber hinaus einen einklagbaren Anspruch auf Schadenersatz für gesundheitliche Schäden geben.

Pressemitteilung BUND Hamburg

Dieser Beitrag wurde unter Bauen / Verkehr / Mobilität, Ernährung / Agrar / Gesundheit veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.