Verbrauchertäuschung mit vermeintlicher „Klimaneutralität“

Deutsche Umwelthilfe gewinnt vor Gericht gegen TotalEnergies wegen angeblich „CO2-kompensiertem Heizöl“
Im Verfahren der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegen die TotalEnergies Wärme&Kraftstoff Deutschland GmbH wegen der vermeintlichen „Klimaneutralität“ ihres „CO2-kompensierten Heizöls“ hat das Landgericht Düsseldorf der Klage der DUH vollumfänglich stattgegeben. Das Urteil ist das erste in den juristischen Verfahren der DUH gegen irreführende Werbeversprechen, in denen auf der Basis unglaubwürdiger Klimaschutzprojekte behauptet wird, Produkte seien „klimaneutral“.

 

Gegen TotalEnergies hatte die DUH die Klage erhoben, da es gleich zahlreiche Gründe gab, die eine CO2-Kompensation völlig unglaubwürdig erschienen ließen. TotalEnergies darf nun nicht mehr wie bisher sein Heizöl als „CO2-kompensiert“ bewerben.

Dazu Jürgen Resch, DUH-Bundesgeschäftsführer: „TotalEnergies konnte die Verbraucher nur deshalb so dreist täuschen, weil Landes- wie Bundesregierung keinen wirklichen Verbraucherschutz betreiben. Liebe Ministerinnen Lemke und Gorißen: So wird das nichts mit dem Klimaschutz, wenn Sie zulassen, dass Verbraucherinnen und Verbrauchern eingeredet wird, mit 40 Euro Ablasszahlung an einen Ölkonzern pro Jahr lasse sich eine Ölheizung klimaneutral betreiben. Erneut muss die Deutsche Umwelthilfe die Verbraucher vor dreistem Klimabetrug von Großkonzernen schützen. Wo sind die Klimaschutzminister von Bund und Land, wenn ein Ölkonzern Millionen Verbraucherinnen und Verbraucher irreleitet mit dem Versprechen, mit einem Cent Aufpreis pro Liter lasse sich eine Ölheizung klimakompensiert betreiben? Erneut mussten wir vor Gericht ohne jede Unterstützung der eigentlich zuständigen amtlichen Stellen die Verbrauchertäuschung mit vermeintlicher Klimaneutralität beenden. Diesem Urteil gegen TotalEnergies, einem der größten fossilen Konzerne der Welt, werden in den kommenden Monaten weitere Urteile wegen verlogener Klimaneutralitätsversprechen folgen – auch zu Benzin oder anderen Produkten.“

Die DUH geht juristisch gegen irreführende Werbeversprechen vor, in denen auf der Basis unglaubwürdiger Klimaschutzprojekte behauptet wird, Produkte seien „klimaneutral“.

Rechtsanwalt Remo Klinger, der die DUH in diesem Verfahren vertreten hat, ergänzt: „Klimaschutzwerbungen dürfen den Verbraucher nicht für dumm verkaufen. Das ist aber der Fall, wenn Produkte als CO2-kompensiert beworben werden, obwohl dies real nicht zutrifft. Es ist gut, dass die Gerichte solchen Werbungen einen Riegel vorschieben.“

Gegen TotalEnergies hatte die DUH Klage erhoben, da es gleich zahlreiche Gründe gab, die eine CO2-Kompensation völlig unglaubwürdig erschienen ließen. Dazu hat sich die DUH umfangreiche Informationen über eines der von TotalEnergies genutzten Kompensationsprojekte, ein Waldschutzprojekt im Amazonasgebiet Perus, beschafft und ausgewertet. Diese Dokumente bewiesen, dass von einer tatsächlichen CO2-Kompensation nicht die Rede sein kann. Hinzu kam, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher unzureichend über die angeblichen Kompensationen informiert worden sind.

Das Landgericht Düsseldorf hat diese Einschätzung bestätigt und der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Das Gericht weist in der Urteilsbegründung darauf hin, dass es „weitgehend im Dunkeln (bleibt), wie durch eine Unterstützung von 400 Familien beim nachhaltigen Paranussanbau in einem in den letzten Jahren von zum Teil illegalen Rodungen bedrohten Gebiet Treibhausgase nachweislich eingespart werden sollen. Die Darstellung verweist letztlich nur darauf, dass Waldschutz Klimaschutz bedeutet. Das ist für sich gesehen sicher nicht falsch, lässt aber belastbare Kausalitätserwägungen zwischen dem Klimaschutzprojekt und konkreten ‚Einsparungen‘ von Treibhausgasen nicht erkennbar werden.“

Ebenso verweist das Gericht darauf, dass die Angabe von TotalEnergies, „im Rahmen des Waldschutzprojektes würden 400 einheimischen Familien Landrechte erteilt, (nicht) zutrifft. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass soweit heute Familien Landnutzungsrechte innehaben, sie diese bereits vor Projektbeginn hatten.“

Das Landgericht kritisiert weiter, dass unklar sei, ob durch TotalEnergies überhaupt alle Treibhausgasemissionen betrachtet worden sind: „Von einem geschlossenen Kreislauf aber kann schlecht die Rede sein, wenn beispielsweise die bei der Erdölgewinnung abgefackelten oder abgelassenen Begleitgase aus der auf eine Klimaneutralität abzielenden Gesamtbetrachtung ausgeklammert werden.“

Hintergrund:

Seit Mai 2022 hat die DUH Verfahren gegen 15 Unternehmen eingeleitet und sie aus verschiedenen Gründen zum Ausstieg aus der Werbung mit vermeintlicher „Klimaneutralität“ aufgefordert. Handelsunternehmen und Industrie bewerben zunehmend Produkte und Dienstleistungen als „klimaneutral“, „klimapositiv“ oder mit ähnlichen Begriffen. Das betrifft beispielsweise Flugreisen, Kraftstoffe, Lebensmittel oder Kosmetika – im vorliegenden Verfahren Heizöl. Tatsächlich verschweigen die Unternehmen entweder ganz oder teilweise, wie sie die angebliche CO2-Kompensation erbringen oder verweisen auf fragwürdige Kompensationsprojekte, an die nur ein in der Regel niedriger Geldbetrag fließt. CO2-Emissionen werden dagegen kaum eingespart. Überprüfbare Informationen zu Zahlungen, Projekten und tatsächlicher Klimawirkung sind für Verbraucherinnen und Verbraucher teilweise nicht erhältlich oder nicht nachvollziehbar.

Die DUH begrüßt daher die Abstimmung des Binnenmarkt-Ausschusses (IMCO) im EU-Parlament für ein mögliches Verbot von Umweltaussagen wie „klimaneutral“. Die Abstimmung über die ECGT-Richtlinie am 28. März 2023 könnte damit ein großer Schritt sein zum EU-weiten Verbot von falschen Klimaneutralitätsversprechen.

Pressemitteilung Deutsche Umwelthilfe

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