Verpackungssteuer in Tübingen ist zulässig

Deutsche Umwelthilfe ruft alle Kommunen auf, dem Tübinger Mehrweg-Kurs zu folgen
Städte und Gemeinden dürfen eine eigene kommunale Verpackungssteuer auf Einweg-to-go-Verpackungen erheben, um die Müllflut einzudämmen. Das hat heute das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden und die Klage einer Franchise-Nehmerin des Fast-Food-Konzerns McDonald’s abgewiesen. Damit bleibt die seit dem 1. Januar 2022 in Tübingen geltende kommunale Verbrauchssteuer auf Einweg-to-go-Verpackungen in Kraft.

 

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) begrüßt das Urteil als Durchbruch für Umwelt- und Klimaschutz und ruft alle deutschen Städte und Gemeinden zur Nachahmung des Tübinger Vorzeigemodells auf. Der Umwelt- und Verbraucherschutzverband sieht in der Verteuerung von Einweg eine der wirksamsten Maßnahmen gegen die Müllflut. Weil die Bundespolitik entsprechende Regelungen bislang versäumt, hatte Tübingen selbst gehandelt und als einzige Stadt Deutschlands eine Verbrauchssteuer für to-go-Verpackungen erhoben.

DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz: „Das heutige Urteil ist richtungsweisend: Viele Kommunen haben sich durch die McDonald’s-Klage in ihrem Engagement gegen die Müllflut aufhalten lassen. Damit ist jetzt Schluss, endlich haben die Kommunen Sicherheit! Wir fordern weitere Städte und Gemeinden dazu auf, dem Tübinger Modell zu folgen und eine Verpackungssteuer einzuführen. Dass dieser Weg funktioniert, hat Tübingen bewiesen: Die Vermüllung des öffentlichen Raumes hat dort deutlich abgenommen. Gleichzeitig darf sich die Bundespolitik nicht auf dem Engagement einzelner Kommunen ausruhen. Wir fordern Umweltministerin Steffi Lemke auf, eine bundesweite Einweg-Abgabe auf to-go-Verpackungen von mindestens 20 Cent einzuführen.“

Neben einer Einweg-Abgabe fordert die DUH von Umweltministerin Steffi Lemke, den Einsatz von Einweg-Verpackungen beim Vor-Ort-Verzehr in Gastronomiestätten grundsätzlich auszuschließen. Frankreich hat ein solches Einweg-Verbot für den Vor-Ort-Verzehr bereits erfolgreich eingeführt.

Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts muss Tübingen seine Steuer in einem Punkt nachbessern. Bislang hat die Stadt eine Obergrenze der Verpackungssteuer von 1,50 Euro pro Einzelmahlzeit festgelegt. Weil dies zum einen dem Ziel der Abfallvermeidung entgegenstehe und zum anderen unbestimmt bleibt, ab wann eine Essensbestellung als Einzelmahlzeit gilt, hat das Gericht diese Regelung als rechtswidrig eingestuft. Das lässt die Rechtmäßigkeit der Verpackungssteuer im Übrigen aber unberührt, so die ausdrückliche Beurteilung des Gerichts.

Den Fast-Food-Riesen McDonald’s fordert die DUH auf, dem Urteil zu folgen und es als Weckruf zu nehmen, umfassend auf Mehrweg umzusteigen. Zwar muss McDonald‘s aufgrund der seit dem 1. Januar 2023 in Deutschland geltenden Mehrwegangebotspflicht wiederverwendbare Becher für Getränke und Desserts anbieten, nach Einschätzung der DUH tut der Konzern jedoch kaum etwas, damit die Leute auch tatsächlich Mehrweg nachfragen. Hinzu kommt, dass McDonald’s seine Speisen nach wie vor fast nur in Einweg verkauft. Dabei nutzt das Unternehmen eine gesetzliche Ausnahmeregelung für Einweg-Verpackungen aus Pappe, die es nicht zu einem Mehrwegangebot verpflichtet.

„McDonald’s, als mit Abstand größte Fast-Food-Kette in Deutschland, verursachte allein 2019 51.000 Tonnen Verpackungsmüll und gehört damit zu den großen Klima- und Müllsündern in der Gastronomie. Die Verbrauchssteuer für to-go-Verpackungen ist der richtige Weg, diesen Müllberg deutlich zu verringern. Mit der heutigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Versuch von McDonald‘s gescheitert, Mehrweg auf kommunaler Ebene auszubremsen. Der Konzern muss endlich seine Blockadehaltung gegen Mehrweg aufgeben. In Frankreich gibt das Unternehmen bereits Pommes, Happy Meals und Co. problemlos in Mehrweggeschirr heraus. McDonald’s kann also Mehrweg und sollte dies nun auch hierzulande für alle seine Produkte anbieten“, sagt die DUH-Expertin für Kreislaufwirtschaft Elena Schägg.

Die DUH hat die Verhandlung in Leipzig begleitet. Gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern von Fridays for Future Tübingen hat der Umwelt- und Verbraucherschutzverband mit einer bildstarken Aktion vor dem Gerichtsgebäude ein Zeichen gesetzt gegen die Müllflut und für einen flächendeckenden Umstieg auf Mehrweg. Die Richterin des Bundesverwaltungsgerichts hat zu Beginn der Verhandlung die gesellschaftliche Relevanz des Verfahrens betont.

Pressemitteilung Deutsche Umwelthilfe


Kommunen sollten Tübingens Beispiel folgen
NABU-Kommentar zum Urteil zur Zulässigkeit kommunaler Steuern auf To-go-Einweggeschirr
Das Bundesverwaltungsgericht hat die Tübinger Steuer für To-go- Einweggeschirr und Einwegbesteck für zulässig erklärt, die Klage eines Fastfoodrestaurants gegen die örtliche Steuer wurde abgewiesen. Seit Jahren fordern Umweltverbände gesetzliche Abgaben auf Einweggeschirr, um die steigenden Abfallberge im Außerhaus-Konsum einzudämmen.

Dazu NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller: „Das Gerichtsurteil des Bundesverwaltungsgerichts ist ein starkes Zeichen: Kommunen sollten dem Beispiel Tübingens folgen und selbst örtliche Abgaben auf Einweggeschirr und Einwegbesteck einführen, solange eine bundesweite Abgabe auf sich warten lässt. Die im Januar eingeführte Pflicht für die Gastronomie, für To-go eine Mehrwegalternative anzubieten, verpufft derzeit wirkungslos in der Praxis. Es ist Zeit, Einweg teurer zu machen – am besten über eine bundesweit einheitliche Abgabe. Die Bundesregierung steht hier in der Verantwortung, zügig eine Änderung des Verpackungsgesetzes auf den Weg zu bringen.“

Weitere Infos: www.NABU.de/mehrwegangebotspflicht und
www.NABU.de/einweggeschirr

Pressemitteilung NABU


Bundesverwaltungsgericht macht Weg frei für kommunalen Mehrwegschutz:
Deutsche Umwelthilfe fordert alle Kommunen auf, mit kommunaler Einweg-Verpackungssteuer gegen die Müllflut vorzugehen

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) fordert alle Städte und Kommunen auf, noch in diesem Jahr eine Einweg-Verpackungssteuer nach Tübinger Vorbild einzuführen. Dazu hat die DUH heute formelle Anträge in den 302 größten deutschen Städte gestellt. Damit zündet die DUH im Rahmen ihrer Kampagne „Plastikfreie Städte“ eine zweite Stufe und zeigt den für die Umsetzung verantwortlichen Stadtverwaltungen mit höchstrichterlicher Bestätigung auf, wie sie rechtskonforme kommunale Einwegsteuern für Fastfood- und to-go-Speiseverpackungen erlassen können. Ziel ist die Vermeidung von Einweg-Plastikmüll, Klima- und Ressourcenschutz. Bereits seit 2020 fordert die DUH als zentrale Maßnahme ihrer Initiative „Plastikfreie Städte“ die Einführung einer kommunalen Verpackungssteuer. Aufgrund der Klage von McDonald‘s gegen die von der Stadt Tübingen umgesetzte Einweg-Verpackungssteuer bestand bislang eine rechtliche Unsicherheit, die nun endlich einer eindeutigen Entscheidung gewichen ist: Kommunale Einweg-Verpackungssteuern zur Müllvermeidung sind zulässig.

So hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am 24. Mai entschieden und damit die Klage einer Franchise-Nehmerin des Fast-Food-Konzerns McDonald’s gegen die Stadt Tübingen abgewiesen. Damit steht Städten und Gemeinden ab sofort eine der wirksamsten Maßnahmen gegen unnötige Einweg-Verpackungen zur Verfügung, wie die Stadt Tübingen beweist: Seit Einführung der Verpackungssteuer am 1. Januar 2022 ist dort die Vermüllung des öffentlichen Raumes deutlich zurückgegangen.

DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz: „Die Einschüchterungstaktik des Fast-Food-Riesen McDonald’s gegen mutige Kommunalpolitik ist nicht aufgegangen. Das ist ein großer Erfolg – doch wieder einmal mussten Gerichte dem verantwortungslosen Geschäftsmodell großer Konzerne Einhalt gebieten, weil Umweltministerin Steffi Lemke das versäumt. Wir fordern jetzt alle Städte und Gemeinden auf, schnell mit eigenen Steuern auf Takeaway-Verpackungen gegen die Müllflut vorzugehen. Erste Städte wie Mönchengladbach, Dortmund, Düsseldorf und Stolberg haben bereits angekündigt, das zu prüfen. Unsere aktuellen Anträge an die 302 größten Städte Deutschlands verleihen dem Nachdruck, sind aber erst der Anfang! Wir werden in den nächsten Wochen und Monaten alle Kräfte bündeln und Druck erzeugen, damit die Bundesumweltministerin endlich klimafreundliche Mehrwegsysteme in Deutschland flächendeckend auf den Weg bringt.“

Bundesweite Regelungen wie die seit 1. Januar 2023 geltende Mehrwegangebotspflicht für die Gastronomie bringen bislang nicht den dringend benötigten Umschwung auf Mehrweg, weil sie lediglich ein Angebot, aber nicht die Nutzung und auch nicht die Incentivierung von Mehrwegverpackungen vorschreiben. Eine örtliche Verbrauchssteuer auf to-go-Verpackungen setzt hingegen direkte finanzielle Anreize bei der Gastronomie sowie bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern, Mehrwegalternativen ernsthaft zu bewerben und in der Breite zu nutzen.

„Um der Einweg-Müllkrise etwas entgegenzusetzen, müssen die Städte und Gemeinden mit anpacken. Deswegen ist das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ein Durchbruch. Doch es ist keine Dauerlösung, dass Kommunen über nationale Vorgaben hinausgehen müssen, weil diese zu schwach sind. Um die Müllflut überall einzudämmen, brauchen wir eine bundeseinheitliche Regelung zur Verteuerung von Einweg-Verpackungen für Getränke und Speisen. Wir fordern deshalb von Umweltministerin Steffi Lemke eine bundesweite Einweg-Abgabe auf to-go-Verpackungen von mindestens 20 Cent sowie ein Einweg-Verbot für den Vor-Ort-Verzehr nach dem Vorbild Frankreichs“, sagt der DUH-Leiter für Kreislaufwirtschaft Thomas Fischer.

Hintergrund:

Die DUH hat seit September 2020 im Rahmen ihrer Initiative für „Plastikfreie Städte“ in insgesamt 303 Städten Anträge zur Vermeidung von Einweg-Plastikmüll und Förderung von Mehrweg gestellt. Sie fordert dabei neben einer örtlichen Verbrauchssteuer auf Einweg-Takeaway-Verpackungen auch eine finanzielle Förderung von Mehrwegsystemen für to-go-Verpackungen, Verbote bestimmter Einweg-Produkte wie Einweg-Plastikflaschen und Einweg-Geschirr in der öffentlichen Beschaffung sowie ein Mehrweggebot für Veranstaltungen auf öffentlichem Grund.

Pressemitteilung Deutsche Umwelthilfe

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