Vier Nichtregierungsorganisationen haben kürzlich einen gemeinsamen Katalog von 19 Forderungen für mehr Transparenz in Hamburg vorgelegt. Mehr Demokratie LV Hamburg, Transparency Deutschland, Chaos Computer Club – die Initiatoren des Hamburgischen Transparenzgesetzes – und die Open Knowledge Foundation. Eine Bürgerinitiative in Berlin hat einen sehr ähnlichen Forderungskatalog zum Gegenstand. Welche Bewandtnis haben diese Forderungen für die Nachhaltigkeit?
Transparenz ist neben Zielen wie Partizipation, Rechtstaatlichkeit, Rechenschaftspflicht und Korruptionsbekämpfung eine der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen und Bestandteil des Ziel 16 „Frieden, Rechtstaatlichkeit und starke Institutionen“. Das Ziel, das auch das Ziel der Guten Regierungsführung genannt wird. Die deutsche Nachhaltigkeitsstrategie besagt, dass die Integration der politischen Dimension in die Agenda 2030 einen bedeutenden Fortschritt im Vergleich zu den Millenniumsentwicklungszielen darstelle, dass das Ziels 16, eines der Schlüsselziele der Agenda 2030 und eine der Grundvoraussetzungen für die Erreichung vieler weiterer SDGs sei. Dies kann man gut nachvollziehen, wenn man sich einige Beispiele vergegenwärtigt.
Transparenz ist eine notwendige Grundbedingung, um Vertrauen in die Politik und Verwaltung aufzubauen und ein informiertes Urteil des staatlichen Handelns treffen zu können. Es gibt kaum einen Politiker oder Behördensprecher, der sich nicht für Transparenz aussprechen würde. Wenn es aber um Transparenz im konkreten Einzelfall geht, sieht es trotz des Transparenzgesetzes häufig anders aus. Längst nicht alle geforderten Informationen werden veröffentlicht und niemand scheint es zu kontrollieren.
Nachhaltige Städte und Gemeinden, wie sie das Ziel 11 der SDGs fordert, entstehen nur wenn die Bürger partizipieren können. Eine Binsenweisheit. Aber wer beispielsweise Informationen über Bauvorhaben oder Verträge mit Investoren begehrt, muss sich oft auf einen mühsamen Prozess einstellen oder Abschreckungen mit hohen Gebühren überstehen. Wie soll informiertes Mitdenken und Mitgestalten möglich sein, wenn man nicht an Bauanträge und Grundbücher herankommt und nicht in Erfahrung bringen kann, wem die Gebäude gehören, die die städtische Umgebung prägen oder welche Liegenschaften die SAGA hat?
Noch immer sind Kammern, Hochschulen, Universitäten und andere öffentlich-rechtliche Einrichtungen außerhalb der Veröffentlichungspflicht. Dies trotz Digitalisierung, die auch Veröffentlichungen erleichtert. Vertrauen wird so nicht gefördert, sondern eher die Frage, was es da zu verheimlichen gibt.
Korruption ist ein sog. Dunkelfelddelikt, d.h. sie gedeiht dort, wo man handeln kann, ohne befürchten zu müssen, dass die Vorgänge ins Tageslicht gelangen und öffentliche Kontrolle stattfindet. Staatliche Kontrolle fällt schnell unter die Rubrik „Bürokratie“. Dank der Intransparenz erfahren die Opfer von Korruption meistens gar nicht, dass sie Opfer geworden sind, aber die Zeche zahlen sie als Steuerzahler, Patienten, Versicherte, Bankkunden usw. Das Gemeinwohl leidet, die Rechtsstaatlichkeit leidet. Transparenz ist der größte Feind der Korruption und daher auch die wichtigste Waffe dagegen.
Je länger Intransparenz herrscht, desto sicherer können sich unlautere Praktiken etablieren, bis sie unter den Akteuren als normal gelten. Bei der Ticketaffäre um das Rolling Stones-Konzert und um Sportveranstaltungen im Bezirk Nord wurden jüngst einigermaßen eigentümliche Praktiken bekannt. Ein Unrechtsbewusstsein war bei den Beteiligten nicht erkennbar, die Freikarten für Beamte, Angestellte oder politische Freunde als Bedingung für eine Veranstaltung (oder für eine günstige Miete?) stellten.
Mehr Infos: https://www.zukunftsrat.de/aktuelles/artikel/a/detail/News/warum-ist-transparenz-so-wichtig-fuer-nachhaltigkeit.html
Pressemitteilung des Hamburger Zukunftsrates