Bericht des Weltbiodiversitätsrates – BUND fordert Kehrtwende für wirksamen Schutz unserer Ökosysteme
Anlässlich des heute veröffentlichten Berichtes zum globalen Zustand der Biodiversität fordert der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) eine rasche Kehrtwende in der Art, wie wir leben und wirtschaften.
“Die Zerstörung der biologischen Vielfalt bedroht die Menschheit mindestens so sehr wie die Klimakrise. Wir Menschen sind abhängig von funktionierenden Ökosystemen – sie sind die Grundlage unseres Lebens”, sagt Hubert Weiger, Vorsitzender des Bund für BUND. “Die Bundesregierung muss schnelle und wirksame Maßnahmen umsetzen, um den ökologischen Kollaps zu verhindern. Es bedarf dringend eines Umdenkens, weg von dem Wirtschafts-Mantra des ständigen Wachstums, hin zu echter Nachhaltigkeit.”
Der Bericht des Weltbiodiversitätsrates führt erstmals seit 2005 alle wissenschaftlichen Erkenntnisse über den aktuellen Zustand der biologischen Vielfalt weltweit zusammen. Eine Kernaussage ist, dass der fortschreitende Verlust biologischer Vielfalt ein existenzielles Problem für uns Menschen darstellt. Eine intakte Biodiversität und die damit verbundenen Ökosystemleistungen seien ebenso wichtig für unser Leben wie ein stabiles Klima.
“Der Bericht zeigt, dass mehr Arten derzeit vom Aussterben bedroht sind, als je zuvor in der gesamten Geschichte der Menschheit”, so Weiger. Der dramatische Verlust biologischer Vielfalt mache sich auch bei uns deutlich bemerkbar, etwa in dem massenhaften Insektensterben. Eine zentrale Ursache des Problems ist dem Bericht des Weltbiodiversitätsrats zufolge, dass weltweiter Handel und Konsum den Druck auf die Natur in den vergangenen Jahrzehnten vervielfacht haben.
“Mit dem neuen Bericht gibt es keine Ausreden mehr. Wir müssen endlich die Bereitschaft aufbringen, den Ressourcenverbrauch in Deutschland drastisch zu reduzieren”, sagt der BUND-Vorsitzende. “Unser Ressourcenverbrauch, unser immenser ökologischer Fußabdruck in Deutschland und in Europa führen zur Zerstörung von Lebensräumen und zum Aussterben von Arten in der Welt. So ist etwa unser enormer Konsum an Energie, Fleisch, Palmöl, Papier, Metallen und seltenen Erden für das Verschwinden ganzer Tropenwälder verantwortlich. Die Bundesregierung muss den politischen Rahmen für nachhaltiges Wirtschaften und nachhaltigen Konsum setzen und beispielsweise umweltschädliche Subventionen in der Agrarpolitik, in der Fischerei und im Verkehr stoppen.”
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Pressemitteilung BUND Deutschland
Planetarer Notstand der Artenvielfalt – 1.000.000 Arten drohen für immer zu verschwinden
Der Weltbiodiversitätsrat IPBES warnt in seinem Abschlussbericht vor einem dramatischen Artenverlust in den nächsten Jahrzehnten. Der NABU fordert alle Staats- und Regierungschefs auf, der Rettung der Artenvielfalt endlich Priorität einzuräumen. Gerade in einer hochintensiven Landwirtschaft hat die Artenvielfalt kaum eine Chance
Der NABU fordert zur heutigen Veröffentlichung des Weltbiodiversitätsrates (IPBES) zum globalen Zustand der Artenvielfalt, dass Staats- und Regierungschefs der Rettung der Artenvielfalt endlich Priorität einräumen. Laut Bericht drohen ansonsten in den nächsten Jahrzehnten bis zu einer Million Tier- und Pflanzenarten für immer von unserem Planeten zu verschwinden.
„Die Forscher liefern erdrückende Belege dafür, dass die Zerstörung der Ökosysteme unsere Wirtschaft und unser Wohlergehen mindestens genauso bedroht wie die menschengemachte Überhitzung des Klimas. Angela Merkel lässt dabei ein machtloses Umweltministerium Lösungsvorschläge entwerfen, die anschließend von den Klöckners, Scheuers und Altmaiers der Regierung erfolgreich neutralisiert werden. Es ist einfach skandalös auf welch taube Ohren die Wissenschaft bei der Bundesregierung mit ihren Warnungen vor dem Kollaps der Natur stößt. Beispiel Insektensterben: Zuerst werden Ausmaß und Ursachen geleugnet, dann das Problem relativiert und verdrängt. Und wenn das auch nicht mehr geht, schiebt man entschlossenes Handeln auf die lange Bank und begnügt sich mit Appellen und Symbolprojekten.“ Olaf Tschimpke, NABU-Präsident
150 führende Wissenschaftler aus 50 Staaten haben für den IPBES-Bericht drei Jahre lang nahezu 15.000 Studien ausgewertet. Als Haupttreiber für den Naturverlust benennt der Bericht gerade für Europa die sich verändernde Art der Landnutzung. Insbesondere der Verlust von natürlichen Lebensräumen und ihre Belastung durch Nährstoffeinträge und Pestizide lassen Schutzbemühungen häufig ins Leere laufen. Fehlgeleitete Subventionen bieten fatale Anreize für immer stärkere Intensivierung und die Monotonisierung von Feldern und Wäldern. Einzelne Erfolge bei der Ausweisung von Schutzgebieten werden durch mangelnde Finanzierung und ungenügendes Management zunichte gemacht, wichtige Vorgaben wie die EU-Wasserrahmenrichtlinie nicht ausreichend umgesetzt.
>>Mehr Infos: https://www.nabu.de/news/2019/05/26373.html
Pressemitteilung NABU Deutschland
Weltbiodiversitätsrat stellt Bericht zum Zustand der Artenvielfalt vor: Löchrige Lebensversicherung
Eine Million Arten sind vom Aussterben bedroht. Die Wissenschaft fordert ein radikales Umdenken. Was der Weltbiodiversitätsrat empfiehlt, erzählt Christoph Thies von Greenpeace.
“Wir erodieren global die eigentliche Basis unserer Volkswirtschaften, Lebensgrundlagen, Nahrungsmittelsicherheit und Lebensqualität“, warnt Robert Watson, Vorsitzender des Weltbiodiversitätsrats (IPBES), gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Anlass für seine Sorge ist der heute veröffentlichte Bericht des UN-Gremiums zum globalen Zustand der Artenvielfalt. Demnach sind eine Million Arten vom Aussterben bedroht; drei Viertel der Landfläche und zwei Drittel der Meere erheblich beeinträchtigt – durch den Menschen.
Ein vorläufiger Bericht kursierte bereits im Vorfeld, die dramatische Einschätzung ist deshalb nicht ganz überraschend. Auf dieser Basis wurde vor knapp einer Woche bereits ein Interview mit Christoph Thies, Greenpeace-Experte für Wälder, geführt. Was im Vergleich dazu neu ist, erzählt Thies heute.
Greenpeace: Gab es bei der heutigen Präsentation des Berichts Überraschungen?
Christoph Thies: Neue Fakten gab es nicht. Beeindruckend ist aber, wie eindringlich die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen Veränderungen fordern. Weg von kurzfristigen Gewinnen und ständigem Wirtschaftswachstum hin zu einem nachhaltigen Finanz- und Wirtschaftssystem.
Sie warnen vor den Konsequenzen, die daraus folgen, wenn wir so weiter machen wie bisher. Josef Settele vom Helmholtz-Zentrum, einer der Hauptautoren des Berichts, sprach von einem immer löchriger werdenden Netz des Lebens. Wenn etwa immer mehr Insektenarten sterben und irgendwann keine mehr für die Bestäubung von Pflanzen nachrücken können, würde das zu Schwierigkeiten bei der Produktion von Nahrungsmitteln führen. Artenvielfalt sei also eine Art Lebensversicherung.
Die Wissenschaft zeichnet in dem Bericht aber nicht nur ein düsteres Bild.
Das Gute ist, dass wir in vielen Bereichen das Artensterben verhindern können – und zwar ab dem Zeitpunkt, ab dem wir mit der Zerstörung der Ökosysteme aufhören. Dazu müssen wir aber in der Waldnutzung, Fischerei und Landwirtschaft die Ressourcen schonender nutzen und mehr Wald- und Meeresflächen unter Schutz stellen. Wie das in Deutschland gehen kann und trotzdem für alle gesorgt ist, hat Greenpeace zum Beispiel mit dem „Kursbuch Agrarwende“, dem Report „30×30“ für den Meeresschutz und der „Waldvision“ gezeigt.
Vergangene Woche haben Regierungsvertreter aus über 100 Staaten den Bericht diskutiert. Er soll nun die Grundlage für politisches Handeln sein. Doch wird wirklich was passieren?
Von dem Treffen ist bislang wenig nach außen gedrungen. Mir ist nicht bekannt, wie sich die einzelnen Länder positioniert haben. Das müssen wir in den nächsten Wochen herausbekommen.
Spätestens nächstes Jahr müssen sich die Staaten beim Naturschutz-Gipfel in China wieder mit dem Bericht beschäftigen. Die Hoffnung ist natürlich, dass daraus ein Abkommen mit verbindlichen Zielen entsteht – ähnlich dem Pariser Klimaschutzabkommen. Greenpeace wird sich jedenfalls stark dafür einsetzen, dass das passiert.
Und wie sieht es in Deutschland mit dem Artenschutz aus?
Der Bericht und die Diskussion werden von der Politik in Deutschland aufmerksam verfolgt. Doch leider unterstützt Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner eine Landwirtschaft, die massiv Tier- und Pflanzenarten zerstört. In der Waldwirtschaft und Fischerei sieht es nicht anders aus. Zwar wurde zum Beispiel fast die Hälfte der deutschen Nord- und Ostsee unter Schutz gestellt, doch den gibt es aktuell nur auf dem Papier. Bislang sehen wir in Deutschland keine Anzeichen, dass sich daran zeitnah was ändern wird. Doch daran arbeitet wir.
>>Mehr Infos: https://www.greenpeace.de/themen/artenvielfalt