Wenn sich Biber und Fischotter gute Nacht sagen

Aufnahmen einer Wildtierkamera zeigen bisher kaum dokumentiertes Verhalten der beiden Arten. Gleichzeitig konnte Nachwuchs bei Biber und Fischotter nachgewiesen werden.

 

2021 wurde der erste Fischotter in einem Biberrevier in Hamburg-Neuengamme gesichtet. Mitarbeitende der Loki Schmidt Stiftung hatten dort Wildtierkameras installiert – diese liefern nun weitere beeindruckende Bilder: Zum einen konnte erstmals das Vorkommen einer Fischotter-Familie in diesem Gebiet dokumentiert werden, gleichzeitig erfolgte der Nachweis über Bibernachwuchs. Zum anderen zeigen die Videoaufnahmen das Verhalten beim Aufeinandertreffen der beiden Arten, das bisher nur sehr selten dokumentiert werden konnte.

Hamburg. Im Hamburger Bezirk Bergedorf ist der Biber seit 2010 wieder ansässig, 2016 konnten die ersten Jungtiere nachgewiesen werden. In einem kleinen Schutzgebiet im tideunabhängigen Bereich hinter dem Elbdeich leben derzeit drei Biber: zwei Elterntiere und ein im Frühjahr 2021 geborenes Jungtier. Das Revier ist besonders artenreich, viele große Säuger, darunter Reh, Fuchs, Dachs, Feldhase und Steinmarder leben hier zusammen, aber auch neue Arten wie Nutria, Waschbär und Marderhund werden regelmäßig gesichtet. Durch den Einsatz einer Wildtierkamera gelang nun erstmals der Nachweis einer Fischotter-Familie in diesem Gebiet. „Wir vermuten, dass es sich um eine Fähe mit zwei Jungtieren handelt. Wahrscheinlich hat der Biber durch sein Verhalten beste Voraussetzungen für Rückkehr und Ansiedlung des Fischotters geschaffen“, so Frederik Landwehr vom Projekt Biber der Loki Schmidt Stiftung.

Fischotter haben keine feste Paarungszeit. Männchen und Weibchen werden mit ca. 24 Monaten geschlechtsreif und kommunizieren während der Paarungszeit über Duftstoffe miteinander. Etwa 60 Tage nach der Begattung, die häufig im Wasser und nur selten an Land stattfindet, wirft das Weibchen meist 2-3 Jungtiere. Die Aufzucht erfolgt zunächst in einer Höhle, welche die Jungtiere nach ca. 8 Wochen gemeinsam mit ihrer Mutter zum ersten Mal verlassen. Fischotter bewohnen große Reviere, je nach Nahrungsangebot und Populationsdichte können diese 20 km Flusslänge umfassen.

Wenn Biber und Fischotter aufeinandertreffen

Der Fischotter profitiert vom Vorkommen des Bibers, nicht nur die fischreichen Gewässer sind für sie von Vorteil, auch verlassene Biberbaue werden gern zur Aufzucht von Jungtieren genutzt. Biber und Fischotter können vermutlich gut nebeneinander existieren. Was jedoch tatsächlich passiert, wenn beide Arten aufeinandertreffen, konnte bisher nur wenig erforscht werden.

Die Videoaufnahmen aus Neuengamme zeigen nun eine dieser selten dokumentierten Begegnungen: Im Video sieht man einen Fischotter, der sich einem Biber von mehreren Seiten immer wieder annähert, dabei wird er jedoch wiederholt vom Biber verscheucht. „Die Aufnahmen sind nicht eindeutig zu interpretieren. Es ist möglich, dass es sich um zwei Jungtiere handelt, die sich neugierig beschnuppern. Jedoch liegt die Biberburg am gegenüberliegenden Ufer. Es ist daher auch möglich, dass der Biber sein Revier und damit seine zukünftigen Jungtiere schützen möchte. Ob Fischotter jedoch tatsächlich eine Bedrohung für die Jungtiere darstellen können, ist in der Literatur umstritten und wenig erforscht“, erläutert Frederik Landwehr das Verhalten der Tiere. Im Gebiet sollen nun weitere Wildtierkameras installiert werden, um weitere Erkenntnisse über das Zusammenleben von Biber und Fischotter zu sammeln. Im Fokus wird dabei auch die Zeit ab Anfang Juni stehen, da dann die 2022 geborenen Biberjungen voraussichtlich das erste Mal die schützende Burg verlassen werden.

Der Biber in Hamburg

Der Biber Castor fiber ist das größte heimische Nagetier. Lange galten Biber in fast ganz Deutschland als ausgestorben. Lediglich eine kleine Restpopulation überlebte an der Elbe in Sachsen-Anhalt. Von dort aus eroberten sie entlang der Flüsse und Seen ihre alte Heimat zurück. Bereits 2002 wurde das Geesthachter Wehr erreicht. Erste Fraßspuren tauchten 2007 in Hamburg auf. Bei der ersten großflächigen Kartierung wurden im Winter 2010/11 fünf Biberreviere aufgefunden. 2022 wurden acht Biberreviere gezählt.

Mit Beginn der Rückkehr hat die Loki Schmidt Stiftung in Kooperation mit der Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft das „Projekt Biber“ initiiert, welches sich für den Schutz der in Hamburg lebenden Biber einsetzt und für die Akzeptanz dieser heimischen Tierart wirbt. Aktuelle Informationen gibt es auf www.moin-biber.de

Pressemitteilung Loki Schmidt Stiftung

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