Wie sieht der Verkehr der Zukunft aus? + Reaktionen

Als große Verkehrsdrehscheibe ist Hamburg eine besonders dem Verkehr verpflichtete Stadt mit großer verkehrlichen Tradition. Vom 27. – 28 April 2017 fand die Verkehrsministerkonferenz unter der Leitung von Herrn Senator Frank Horch im Hamburger Rathaus statt. Hamburg wird in den nächsten beiden Jahren als Vorsitzland der Konferenz zahlreiche relevante Verkehrsthemen anschieben und begleiten.

 

Die Konferenz ist ein wichtiges Instrument der verkehrspolitischen Zusammenarbeit der Länder untereinander, aber sie dient auch dem Zweck gemeinsames politisches Handeln im eigenen Bereich oder gegenüber dem Bund in Beschlüssen festzuschreiben. Wichtige Themen auf der Tagesordnung waren Planungsbeschleunigung bei Infrastrukturprojekten, Luftreinhaltung, Abbiegeassistenzsysteme für Nutzfahrzeuge, die Bewerbung Deutschlands für den ITS Weltkongress 2021 und die Zukunft der Traditionsschifffahrt.

Senator Frank Horch wird sich für die Einführung von Abbiegeassistenzsystemen in LKW stark machen. Horch sagt: „Verkehrsunfälle unter Beteiligung von Nutzfahrzeugen zum Nachteil von Radfahrern und Fußgängern, sind zwar zahlenmäßig selten, in ihren Folgen aber häufig sehr schwerwiegend.“ Eine verpflichtende Ausstattung von Neufahrzeugen mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 Tonnen mit moderner Abbiegeassistenztechnik bzw. die Verpflichtung zur Nachrüstung von Bestandsfahrzeugen mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 Tonnen mit einfacher Abbiegeassistenztechnik wie beispielsweise Kamera-Monitor-Systemen ist diskutiert worden. Zur abschließenden Klärung, wie hier eine Erhöhung der Sicherheit erzielt werden könnte, soll sich die Gemeinsame Konferenz der Verkehrs- und Straßenbauabteilungsleiter erneut damit befassen.

Die Verkehrsminister haben sich intensiv mit dem Thema Luftreinhaltung auseinandergesetzt und mögliche zu treffende Maßnahmen diskutiert. Für Stuttgart sind bereits Fahrverbote für Dieselfahrzeuge angekündigt, in weiteren Städten wird die Entscheidung darüber in Kürze getroffen werden. Senator Frank Horch formulierte für Hamburg eine andere Zielrichtung: „Hamburg setzt auf kontinuierlich verfolgte Maßnahmen zur Verbesserung des Angebots und zur Schaffung von Anreizen für eine weitere Steigerung der Anteile des Radverkehrs und des Öffentlichen Personennahverkehrs.

Wir wollen den Wandel zu einem effizienten und emissionsarmen Kraftfahrzeugverkehr und arbeiten intensiv daran. Ziel ist es, Vorbild für technologiegetriebene Luftreinhaltung in einer europäischen Großstadt und Modellstadt für die Entwicklung der Elektromobilität in Deutschland zu werden. Zusätzlich setzen wir auf Maßnahmen, die zu einer Minimierung der aus der Hafenfunktion und dem Energiesektor resultierenden Luftbelastung führen.“ In diesem Zusammenhang fordern alle 16 Verkehrsministerinnen und Verkehrsminister die EU, den Bund und die Automobilindustrie auf, möglichst schnell zu einer Reduzierung der Fahrzeugemissionen bei Dieselfahrzeugen zu kommen. Bis Ende des laufenden Jahres muss Klarheit darüber herrschen, welches Minderungspotenzial und welche Kosten anfallen. Auf dieser Basis wird entschieden werden, in welchem Umfang ein Nachrüstprogramm für vorhandene Dieselfahrzeuge sinnvoll ist.

Außerdem muss es europaweit verbindliche Regelungen für Messverfahren geben.

Für die Elektromobilität in Hamburg gab es von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt einen Förderbescheid über knapp drei Millionen Euro, die dem Ausbau der Ladeinfrastruktur dienen. Damit können etwa 600 zusätzliche Ladepunkte in Hamburg installiert werden.

Planungsverfahren von Infrastrukturprojekten dürfen die Realisierung nicht verhindern sondern möglich machen. Die Verkehrsminister fordern den Bund auf, eine umfassende Planrechtsreform in Angriff zu nehmen, die auch vor den unüberschaubar gewordenen umweltrechtlichen Verfahren nicht Halt macht.

Auch nach der geplanten Errichtung der Infrastrukturgesellschaft des Bundes müssen im Interesse der Mitarbeiter und der Leistungsfähigkeit nach Auffassung der Verkehrsminister die regionalen Standorte erhalten bleiben und in den Ländern rechtliche selbstständige Einheiten eingerichtet werden. Im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens muss die Frage der Finanzierung des Planungs- und Investitionshochlaufs zügig geklärt werden.

Die Stellung des Luftfahrtindustrie – und Luftverkehrsstandorts Deutschland muss gestärkt werden. Dazu gehört, dass die Deutschen Fluggesellschaften von wettbewerbsverzerrenden Kosten entlastet werden. Hohe Umweltschutz und Sozialstandards können von Deutschen Unternehmen nur gehalten werden, wenn Sie mit gegenüber ausländischen Anbietern nicht benachteiligt werden.

Auch für die Zukunft der Traditionsschifffahrt will sich die VMK gemeinsam beim Bund einsetzen. Aus Sicht der Minister gehören Traditionsschiffe zum kulturellen und maritimen Erbe Deutschlands und müssen für die nachfolgende Generationen bewahrt werden. Sie spielen für den Tourismus eine wichtige Rolle. Insofern müssen die Rahmenbedingungen so gestaltet sein, dass der Betrieb nicht gefährdet ist.

Hamburg möchte die Chancen der Digitalisierung im Verkehrsbereich nutzen und den Einsatz digitaler Techniken und die Innovationskraft des Standorts Deutschland stärken. Der Verkehr soll effizienter, sicherer und umweltfreundlicher werden. Deshalb bewirbt sich Hamburg für Deutschland um die Ausrichtung des ITS Weltkongresses in 2021 und bittet die die Verkehrsministerkonferenz um die Unterstützung seiner Kandidatur. Senator Frank Horch: „Verkehr und Mobilität werden sich in einer zunehmend digitalisierten Welt erheblich verändern und Metropolen vor neue Aufgaben stellen. Es ist wichtig, sich diesen Herausforderungen frühzeitig zu stellen. Dem digitalen Wandel und dem Einsatz digitaler Techniken kommt dabei eine Schlüsselrolle zu.“

Weiter hat die Europäische Union den Hamburger Hafen zum Testgebiet für den neuen 5G Mobilfunkstandard ernannt. Im ersten Schritt des Forschungsprojektes geht es vor allem um die Erprobung der Möglichkeiten des 5G-Standards. Es sollen Grundlagen erarbeitet werden, die für die zukünftige Verwendung im Hafenbetrieb und bei entsprechenden Verkehrs-Projekten genutzt werden können. Unter anderem sollen die Steuerung von technischen Anlagen sowie die Ausstattung von Sensoren – z.B. zur Schadstoffmessung – im Testzeitraum erprobt werden. Senator Horch sagt dazu: „Das ist ein weiterer Baustein auch für das Thema Autonomes Fahren. Damit werden sich die Verkehrsminister intensiv auf der Herbstkonferenz in Wolfsburg beschäftigen.“

Pressemitteilung Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation

Greenpeace-Kommentar zum Abschluss der Verkehrsministerkonferenz

Gegen Fahrverbote für schmutzige Diesel-Pkw durch die blaue Plakette und für Nachrüstungen älterer Diesel mit Abgasfiltern haben sich die Verkehrsminister von Bund und Ländern bei ihrer heute endenden Frühjahrstagung ausgesprochen. Dadurch sollen die deutlich zu hohen Stickoxidwerte in vielen deutschen Städten gesenkt werden. Mit ihrem Ruf nach Nachrüstung richten sich die Minister an die Hersteller, die Bundesregierung und die EU-Kommission.
Es kommentiert Greenpeace Verkehrsexperte Benjamin Stephan: „Es ist richtig, endlich auch die Hersteller in die Pflicht zu nehmen. Erst die Abgastricks der Autokonzerne haben den Städten ihre massiven Stickoxidprobleme eingebrockt. Die Ingenieure müssen jetzt mit so viel Verve an die Lösung des Abgasproblems gehen, wie bislang an dessen Vertuschung.
Doch ohne die blaue Plakette wird die Nachrüstung schmutziger Diesel nicht reichen. Die hohen Stickoxidwerte schaden schon heute der Gesundheit von Zehntausenden in den Städten. Diese Menschen müssen schnell geschützt werden, nicht erst in einigen Jahren wenn Nachrüstungen vielleicht serienreif sind. Nur wenn die schmutzigsten Autos schon heute aus den besonders belasteten Stadtteilen gehalten werden, wird sich die Luft rasch bessern. Die Verkehrsminister dürfen sich nicht länger vor der blauen Plakette drücken. Sie ist der wirksamste Schutz für die Gesundheit der Menschen.“

Hintergrund: Selbst Diesel-Pkw der modernsten Euro-6-Klasse stoßen nach Anfang der Woche veröffentlichten Messungen des Umweltbundesamts auf der Straße im Schnitt sechs Mal mehr Stickoxid aus, als erlaubt. (http://bit.ly/2pselK3) Stickoxide steigern das Risiko für Asthma und Herzkreislauferkrankungen und führen laut Europäischer Umweltagentur pro Jahre zu 10.000 vorzeitigen Todesfällen in Deutschland. (http://bit.ly/2dewIL5). Laut einem Gutachten des Verkehrsministeriums Baden-Württemberg sind Fahrverbote für Diesel-Pkw und die blaue Plakette die mit Abstand wirksamsten Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität. (http://bit.ly/2mb19Fn)

Mehr Infos: www.greenpeace.de

Pressemitteilung Greenpeace

Verkehrsministerkonferenz in Hamburg: Enttäuschende Ergebnisse und kein Fortschritt bei der Luftreinhaltung

Die heute von der Landesverkehrsministerkonferenz (VMK) vorgestellten Beschlüsse sind vor allem beim Thema Luftreinhaltung enttäuschend.
Obwohl in 33 deutschen Städten und Regionen die Grenzwerte zum Schutz der menschlichen Gesundheit massiv überschritten werden, hat sich die VMK lediglich auf einen Prüfauftrag zur Nachrüstung von Dieselfahrzeugen verständigt. Ordnungspolitischen Maßnahmen wie etwa der Einführung einer Blauen Plakette für eine Regelung in Umweltzonen beim Thema Stickoxide erteilte die Mehrheit der Minister eine Absage. Sogar der Deutsche Städtetag hatte eine solche Regelung gefordert.

„Obwohl die Stickstoffdioxidwerte (NO2) in Hamburg und vielen anderen Städten seit Jahren deutlich über dem gesetzlichen Grenzwert liegen, vertagen die Verkehrsminister das Problem erneut. Ein enttäuschendes Ergebnis, das auch Senator Horch, der gerade den Vorsitz der Konferenz innehat, verantworten muss“, so Manfred Braasch, Landesgeschäftsführer des BUND Hamburg.

Die VMK hat lediglich die Automobilindustrie aufgefordert, bis Ende des Jahres die Minderungspotenziale und Kosten der Nachrüstung für Euro-5-Dieselfahrzeuge zu ermitteln. Auf dieser Grundlage soll ein Nachrüstungsprogramm geprüft werden.

„Man kann sich ausrechnen, wie lange die Etablierung einer solchen Nachrüstung dauern wird. Die Verkehrsminister verkennen offenbar den Ernst der Lage. Bundesweit hagelt es Gerichtsurteile, die die Städte auffordern, schnell etwas für bessere Luft zu tun, und auch die EU hat ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet. Aber den Verkehrsministern ist die Umweltbelastung der Bevölkerung offenbar egal“, so Manfred Braasch weiter.

Pressemitteilung BUND HH

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