In der Oder sterben erneut massenhaft Fische. Auf polnischer Seite sind Flussabschnitte in der Nähe von Glogow betroffen. Die Fische sterben an einem Gift der Brackwasseralge Prymnesium parvum, die sonst nur an den Küsten vorkommt.
Beim Fischsterben im Jahr 2022 lösten salzhaltige Abwässer aus den polnischen Kohlebergwerken zusammen mit hohen Wassertemperaturen das Wachstum dieser giftigen Algenart in den oberen Flussabschnitten der Oder aus . Diesen Zusammenhang hat Greenpeace vergangenes Jahr nachgewiesen und die Behörden in Polen und Deutschland darüber informiert. Julios Kontchou, Ökotoxikologe von Greenpeace, sieht die Untätigkeit der Behörden als Ursache für das erneute Fischsterben:
“Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk bricht ein Wahlversprechen. Rund ein halbes Jahr nach seinem Amtsantritt dürfen Bergwerke immer noch unkontrolliert und legal ihre salzigen Abwasser in die Oder einleiten. Bestehende Genehmigungen wurden bisher nicht entsprechend verschärft. Die Folgen sind eindeutig und messbar – der Gehalt von Salz und Chlorophyll in der Oder ist in den vergangenen Wochen und Monaten stetig gestiegen.
Die Kombination aus skrupellosen Konzernen und untätigen Behörden führt nach wie vor dazu, dass ein ganzer Fluss zunächst versalzt und dann vergiftet wird. Nur durch einen Stopp der Salzeinleitungen und eine entsprechende Überwachung durch polnische Behörden lässt sich verhindern, dass es zu weiteren ökologischen Katastrophen im polnisch-deutschen Fluss kommt.”
Pressemitteilung Greenpeace (12.6.)
Erneut steht die Oder vor einem verheerenden Fischsterben
Krüger: Nur eine Renaturierung macht Flüsse resilient gegen Katastrophen
Schon den dritten Sommer in Folge spitzt sich an der Oder die Lage zu: Der Grenzfluss weist bereits jetzt im Frühsommer einen zu hohen Salzgehalt auf, die giftige Goldalge (Prymnesium parvum) breitet sich erneut aus, tote Fische sind in einigen Nebenkanälen der Oder vermehrt gesichtet worden. Der NABU hatte die Oder wegen der verheerenden Katastrophe 2022 mit dem Negativpreis „Dinosaurier des Jahres“ ausgezeichnet.
„Wie oft muss sich das Fischsterben an der Oder noch wiederholen, bevor endlich gehandelt wird?“, fragt NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger. „Der Fluss braucht jetzt eine umfassende Erholung und Renaturierung, um ihn resilienter zu machen. Sonst werden wir jedes Jahr eine Katastrophe zu beklagen haben. Der Oderausbau muss sofort gestoppt werden, damit sich das Ökosystem erholen kann.“
Seit der Oder-Katastrophe im Sommer 2022 ist der Salzgehalt kaum reduziert worden, Abwässer aus der Industrie werden nach wie vor eingeleitet. Aktuell verhindert nur ein relativ hoher Wasserstand nach starken Regenfällen, dass die Konzentration der Giftstoffe durch die Alge sich noch weiter erhöht. „Doch darauf dürfen wir uns keinesfalls verlassen“, sagt Diana Nenz, NABU-Referentin für Gewässerpolitik. „Wir müssen die Oder jetzt endlich gegen solche Katastrophen resilienter machen.“
Durch die Renaturierung entstehen vielfältige Lebensräume, die Wassertemperatur wird gesenkt und die Wassermenge gesteigert. Dadurch wird auch der Wasserrückhalt in der Fläche verbessert, was bei trockenen, heißen Phasen wichtig ist und durch einen Verdünnungseffekt die konzentrierten Einträge puffert. Durch die Renaturierung werden zudem Rückzugsräume für die an und in der Oder lebenden Arten geschaffen.
Nenz: „Aber nicht nur an der Oder kommt es immer wieder zu kritischen Situationen. Über 90 Prozent unserer Gewässer sind in einem schlechten Zustand und an der Grenze ihrer Resilienz. Es fehlen Auen und Überschwemmungsflächen, Grundwasserstände sinken. Die Katastrophen, die wir aktuell erleben, sind Ankündigungen von weiteren verheerenderen Entwicklungen. Sie sind ein Symptom eines falschen Umgangs mit unserem Wasser, der sich an anderer Stelle in Nutzungskonkurrenzen bis hin zu Konflikten zuspitzen werden. Der Aufbau der Natur muss priorisiert werden, um die eskalierenden Kosten zu sparen und zukünftigen Generationen Handlungsspielraum zu verschaffen.”
Mehr Infos:
Renaturierung von Flüssen als Vorsorge: https://www.nabu.de/natur-und-landschaft/fluesse/33104.html
Wasser und Landschaft: https://www.nabu.de/natur-und-landschaft/landnutzung/34763.html
Pressemitteilung NABU