Wirtschaftsminister beraten u.a. über Klimaschutzplan 2050

Wirtschaftsministerkonferenz berät in Hamburg Beschlüsse über den Klimaschutzplan 2050, zur Integration von Flüchtlingen, zu Präklusion, zum Luftverkehrsstandort Deutschland und zur Digitalen Strategie 2025

 

Die Wirtschaftsministerkonferenz hat sich am 8. und 9. Juni 2016 im Hamburger Rathaus getroffen. Im Mittelpunkt der Beratungen standen die Themen Klimaschutzplan 2050, die Integration von Flüchtlingen, das Thema Präklusion, der Luftverkehrsstandort Deutschland und die Digitale Strategie 2025.

Klimaschutz:

Die Wirtschaftsministerkonferenz (WMK) hat über die Absicht der Bundesregierung beraten, einen nationalen Plan zu entwickeln, der die notwendigen Schritte zur Reduktion der Treibhausgase um 80-95% bis 2050 aufzeigt. Dieser Klimaschutzplan 2050 ist aus wirtschaftspolitischer Sicht für den Industrie-Standort Deutschland und die energieintensiven Unternehmen von großer Bedeutung. Nach Auffassung der Wirtschaftsministerkonferenz sollte die Balance zwischen Klimaschutz und Wettbewerbsfähigkeit unbedingt gewahrt bleiben. Reinhard Meyer, Wirtschaftsminister Schleswig-Holsteins, fasst den Beschluss der WMK zusammen: „Den Klimaschutz voranzubringen ist ein wichtiges Ziel. Funktionieren kann das nach unserer Auffassung jedoch nur im Konsens mit der Wirtschaft. Ein Klimaschutzplan muss die Auswirkungen auf Wachstum und Beschäftigung im Blick haben. Die Unternehmen am Standort Deutschland brauchen Planungssicherheit für ihre Investitionen. Bisher waren weder die Wirtschaftsressorts der Länder noch die Wirtschaftsverbände in die Erarbeitung des Klimaschutzplans einbezogen. Darum fordern wir das Bundesumweltministerium auf, diese Beteiligung noch vor der Kabinettsbefassung nachzuholen.“

Integration von Flüchtlingen in Arbeit und Ausbildung:

Eine zügige und umfassende Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen und Asylsuchenden stellt kurz- und mittelfristig eine enorme gesellschaftliche und wirtschaftliche Herausforderung dar. Langfristig bedeutet sie gerade mit Blick auf die demografische Entwicklung eine Chance für Gesellschaft und Volkswirtschaft. Die WMK hat zu diesem Thema im Dezember 2015 einen Beschluss gefasst. Wesentliche Forderungen der Wirtschaftsministerinnen und Wirtschaftsminister wie beispielsweise die befristete Aussetzung der Vorrangprüfung und die 3+2-Regelung, nach der Flüchtlinge nach Abschluss ihrer Ausbildung für zwei weitere Jahre eine Aufenthaltserlaubnis für eine Beschäftigung erhalten, finden sich nun im Integrationsgesetz des Bundes wieder. Wirtschaftsminister Meyer äußert sich dazu: „Ein gesicherter Aufenthaltsstatus ist für Flüchtlinge besonders während einer Berufsausbildung und für eine anschließende Beschäftigung von hoher Bedeutung. Es geht darum, Rechtssicherheit für die jungen Menschen und potenzielle Ausbildungsbetriebe zu erreichen.

Dies ist ein richtiger Schritt zur Integration junger Menschen und zur Gewinnung von jungen Fachkräften für unsere Wirtschaft. Auch den Abbau von bürokratischen Hürden beim Zugang zum Arbeitsmarkt begrüßen wir sehr.“ Die WMK wird die weitere Umsetzung der Integrationsmaßnahmen eng begleiten.

Präklusion:

Das deutsche Planfeststellungsrecht verlangt bisher, dass Kritiker von Großvorhaben wie beispielsweise von Bundesfernstraßen oder Eisenbahntrassen sämtliche Bedenken und Anregungen innerhalb der Einwendungsfrist im behördlichen Zulassungsverfahren, nämlich dem Planfeststellungsverfahren, darlegen. Diese Einwendungsfrist stellt somit eine Art Einsendeschluss dar. Dadurch kann der Träger des jeweiligen Vorhabens die Bedenken aufgreifen und ggf. seine Planungen ändern. Später geäußerte Bedenken müssen weder im Planfeststellungsverfahren noch im späteren Gerichtsverfahren behandelt werden. Dies wird als Präklusion bezeichnet.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 15. Oktober 2015 entschieden, dass diese Präklusionsregel des deutschen Rechts gegen europäisches Umweltrecht verstößt. Bedenken im Hinblick auf die Umweltverträglichkeit von Projekten müssen danach im gerichtlichen Verfahren auch dann noch vorgebracht werden dürfen, wenn sie im behördlichen Verfahren nicht zur Sprache gebracht wurden. Dieses EuGH-Urteil hat weitreichende Folgen, die ganz Deutschland betreffen. Reinhard Meyer fasst die Forderung der WMK zusammen, wie dieses europäische Urteil nun umgesetzt werden sollte: „Große Infrastrukturprojekte in Deutschland sind schon heute erheblichen Verzögerungen unterworfen. Die Planfeststellung wird häufig beklagt, so dass es bis zum Bau einer Autobahn oder dem Ausbau einer Wasserstraße oft Jahre oder sogar mehr als eine Dekade dauert. Mit dem Urteil des EuGH ist nun zu befürchten, dass sich dieser ganze Prozess in der Zukunft noch einmal deutlich verzögert. Das wird massive Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Deutschland haben.“ Für die Umsetzung des Urteils ist das Bundesumweltministerium zuständig. Die WMK fordert in ihrem Beschluss, die restriktive Umsetzung und eine zwingende Klagebegründungsfrist für alle Klagen gegen Planfeststellungsbeschlüsse. Das würde bedeuten, dass die Projektkritiker zwar nicht im Planfeststellungsverfahren, aber zumindest zu Beginn eines Gerichtsverfahrens ihre umweltrechtlichen Bedenken und damit ihre Karten auf den Tisch legen müssten. Dies würde verhindern, dass Kläger z.B. erst nach zwei Jahren im Gerichtsverfahren wichtige Kritikpunkte benennen, die man zuvor hätte erörtern können.

Luftverkehrsstandort Deutschland:

Wegen seiner Funktion als wesentlicher Bestandteil der logistischen Infrastruktur hat der deutsche Luftverkehr eine hohe Bedeutung für Investitionen, Innovation, Handel, Produktion und in der Folge für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung. Wettbewerbs- und leistungsfähige europäische Fluggesellschaften, erfolgreiche internationale Drehkreuze und entsprechende Zubringerflughäfen sind für die luftverkehrliche Anbindung Deutschlands und für die Wettbewerbsfähigkeit von hoher Bedeutung. Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Harry Glawe führt aus: „Luftfahrt und Luftverkehr sind Innovationstreiber am Standort Deutschland. Das Gutachten zur Grundlagenermittlung eines Luftverkehrskonzeptes der Bundesregierung sieht die Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu internationalen Wettbewerbern deutlich gefährdet. Hier muss gegengesteuert werden.“

Ziel ist es, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Flughäfen zu gewährleisten und für die Zukunft neue Wachstumsmärkte zu erschließen. Zur Stärkung der Luftfahrt fordert die WMK daher den Bund zu verschiedenen Maßnahmen auf. Flughäfen ohne Nachtflugbeschränkungen etwa sollen fortbestehen, die Flughafenentgelte aufgrund der unterschiedlichen lokalen Betreiberstrukturen sollen weiterhin dezentral bestimmen werden. Um regionale Wettbewerbsnachteile zu vermeiden, wird gefordert, dass sich die Bundesregierung für globale Lösungen zur CO2-Reduzierung im Luftverkehr einsetzt. Außerdem wird gefordert, dass die Bundesregierung die bilateralen Luftverkehrsrechte mit Drittstaaten ausweitet und dabei auch interkontinentale Direktverbindungen außerhalb von Drehkreuzen berücksichtigt.

Digitale Strategie 2025:

Die Wirtschaftsministerkonferenz begrüßt die Vorlage der Digitalen Strategie 2025 durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), um die digitale Transformation in Wirtschaft und Gesellschaft mit neuen Impulsen zu befördern. Unterstützt wird vor allem der Vorschlag des BMWi, die aktuelle Breitbandstrategie des Bundes über 2018 hinaus um einen Glasfaseransatz zu ergänzen. Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Reinhard Meyer, der den entsprechenden Antrag gemeinsam mit Niedersachsen eingebracht hat, sagt: „Endlich kommt Bewegung in dieses für Deutschlands Zukunft so wichtige Thema. Die Wirtschaftsministerkonferenz fordert bereits seit Jahren eine langfristige Breitbandstrategie des Bundes als Leitplanke für alle Akteure. Glasfaser ist die einzig zukunftssichere Breitbandtechnologie, Schleswig-Holstein setzt bereits seit 2013 erfolgreich auf eine Glasfaserstrategie. Nun kommt es darauf an, dass dieser Ansatz des BMWi zur Strategie des Bundes wird und gemeinsam mit den Ländern weiterentwickelt wird. Deutschland ist auf eine modern digitale Infrastruktur angewiesen, um Themen wie z.B. Industrie 4.0 weiter vorantreiben zu können.“

Pressemitteilung Wirtschaftsbehörde (BWVI) HH

Wirtschaftsminister wollen beim Klimaschutz bremsenbund logo

Der heutige Beschluss der Wirtschaftsministerkonferenz in Hamburg zum Klimaschutzplan 2050 der Bundesumweltministerin lässt befürchten, dass die Ressortchefs beim Klimaschutz auf die Bremse treten wollen.

So behaupten sie beispielsweise, dass die im bisherigen Verfahren des Bundesumweltministeriums zusammengetragenen Maßnahmen „hohe Risiken für den Wirtschaftsstandort“ bergen würden. Die Anstrengungen der Bundesregierung zum Klimaschutzplan wurden lediglich „zur Kenntnis“ genommen.
„Die Wirtschaftsminister haben sich heute auch mit Zustimmung der norddeutschen Ressortchefs als Bremser in Sachen Klimaschutz geoutet und damit die Signale der Weltklimakonferenz in Paris nicht verstanden. Wir brauchen 2050 eine klimaneutrale Volkswirtschaft, dafür müssen jetzt die Weichen gestellt werden. Der Klimawandel ist mittlerweile in Deutschland angekommen, das haben die jüngsten Extremwetterlagen in Hamburg deutlich gemacht“, so Landesgeschäftsführer Manfred Braasch.
Der BUND Hamburg fordert daher den Hamburger Senat auf, auf Bundesebene einen klaren Kurs im Klimaschutzplan 2050 zu unterstützen. Es sei unerlässlich, dass Deutschland in den nächsten 35 Jahren seine CO2-Emissionen auf nahezu Null reduziert.

Weitere Info: Der BUND und weitere 40 Organisationen haben gemeinsam im „Klimaschutzplan 2050 der deutschen Zivilgesellschaft“ konkrete Vorschläge gemacht, wie die Klimaschutzziele erreichen werden können:
www.die-klima-allianz.de/klimaschutzplan-2050-der-deutschen-zivilgesellschaft-weitere-organisationen-unterzeichnen

Pressemitteilung BUND HH

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