Ein Jahr nach der Bürgerschaftswahl ziehen der BUND Hamburg, die Diakonie und der Zukunftsrat Hamburg eine erste Bilanz der Umwelt- und Nachhaltigkeitspolitik der SPD-Regierung unter Olaf Scholz. Die drei Organisationen hatten im Herbst 2010 die Studie „Zukunftsfähiges Hamburg – Zeit zum Handeln“ herausgegeben. Von einer Umsetzung sei die Scholz-Regierung weit entfernt.
Knut Möller (Foto: links) vom Vorstand des Hamburger Zukunftsrats kritisiert insbesonders, dass die SPD die noch unter Schwarz-Grün beschlossene Nachhaltigkeitsstrategie nicht weiterverfolgt hat. Auch mit dem wichtigen Thema Bürgerbeteiligung könne die SPD nicht punkten. Es fänden zwar zahlreiche Veranstaltungen statt, aber die Vorschläge der Zivilgesellschaft würden nicht berücksichtigt. Positiv sieht der Zukunftsrat den Start des Projekts „Umweltfreundliche Produkte“ im Dezember 2011 und die Bewerbung der Stadt als „Schaufenster Elektromobilität“. „Allein mit einem technischen Umweltschutz können die wichtigen Umweltprobleme aber nicht gelöst werden“, so Möller.
Susanne Hesemann (Foto: rechts), im Diakonischen Werk Hamburg für Brot für die Welt – Hamburg zuständig, vermisst echtes Handeln bei der sozial gerechten und nachhaltigen Beschaffungspolitik Hamburgs. Die Stadt habe noch immer nicht geprüft, ob und wie das 2009 beschlossene Hamburgische Vergabegesetz in der Verwaltung tatsächlich umgesetzt wird. Obwohl die Stadt den Titel „Fair-Trade-Stadt“ trägt, gebe es für die Akteure zu
diesem Thema nur wenig politische oder finanzielle Unterstützung. Auch beim Thema HVV sieht Hesemann keine sozialpolitischen Impulse: „Hamburg hat noch immer kein HVV-Sozialticket für Menschen mit geringem Einkommen. Auch Geringverdiener und Arme müssen heute mobil sein können. Auch der Einstieg in eine ernsthafte Diskussion über den kostenlosen HVV ist für die Diakonie denkbar.“
Aus Sicht des BUND Hamburg hat sich der jetzige Bürgermeister aus wahltaktischen Gründen frühzeitig nach dem Bruch von Schwarz-Grün von wichtigen Umweltthemen verabschiedet und in der eigenen Regierungszeit keine wesentlichen Akzente auf diesem Feld gesetzt. Vor allem in der Verkehrspolitik habe der amtierende Senat versagt. „Die massiven Belastungen der Hamburger Bevölkerung mit Luftschadstoffen und Verkehrslärm werden weitgehend ignoriert. Nachweislich wirksame Instrumente hat der Bürgermeister ohne fachliche Argumente frühzeitig verworfen und den Senatskollegen Denkverbote erteilt“, kritisiert Manfred Braasch (Foto: Mitte), Landesgeschäftsführer des BUND Hamburg.
In anderen Bereichen sei die Umweltpolitik des Senats sogar rückwärts gerichtet: Beim Klimaschutz sei ab 2013 ein Abbau von Förderprogrammen und Beratungsleistungen geplant und die BSU habe seitens des Senats für den Doppelhaushalt 2013/2014 eine Einsparvorgabe von 30 Prozent. Dabei seien die Pflege öffentlicher Grünanlagen und die Pflege und Entwicklung der Hamburger Naturschutzgebiete bereits jetzt völlig unterfinanziert. „Weitere Kürzungen sind eine Kampfansage an die Umwelt- und
Naturschutzpolitik in der Hansestadt“, so Braasch.
Der BUND, der Zukunftsrat und die Diakonie fordern Bürgermeister Olaf Scholz dringend auf, sich für eine Politik der Umwelt, Nachhaltigkeit und Bürgerbeteiligung in Hamburg einzusetzen, die diesen Namen auch verdient.
Pressemitteilung BUND HH
Foto: Ilka Duge (c) wuz