Die Verkehrsministerkonferenz in Münster ist beendet. Themen waren unter anderem die Schaffung eines Infrastrukturfonds, der Ausbau- und Modernisierungspakt für den ÖPNV und die Zukunft des 49-Euro-Tickets. Michael Müller-Görnert, verkehrspolitischer Sprecher des ökologischen Verkehrsclubs VCD, kommentiert die Ergebnisse.
„Diese Tagung der Verkehrsministerkonferenz hat vor allem eines gezeigt: Ohne eine grundlegende Reform der Finanzierung ist die Verkehrswende nicht zu haben. Marode Straßen und Schienen sind Ergebnis unzureichender und fehlender Finanzmittel, die je nach Kassenlage jährlich vom Gesetzgeber mal hoch und wieder runtergefahren werden. Das zeigt sich beim 49-Euro-Ticket, dessen Bestand ebenso eine Zitterpartie bleibt wie sein Preis. Es zeigt sich aber auch beim Modernisierungs- und Ausbaupakt für den ÖPNV, der immer wieder auf die lange Bank geschoben wird, weil es am Geld fehlt.
Wenigstens beim Infrastrukturfonds deutet sich eine Lösung an: Er würde das Geld für die Verkehrsinfrastruktur bündeln und es ermöglichen, Investitionen über einen längeren Zeitraum verlässlich abzusichern – unabhängig vom Jährlichkeitsprinzip des Bundeshaushalts. Allerdings braucht ein solcher Fonds klare Kriterien. Vorrangig muss er den Sanierungsstau bei der Bahn auflösen und den Ausbau des Schienennetzes finanzieren. Bei der Straße sollte er primär der Sanierung von Brücken und dem Erhalt des Bestands dienen. Aus- und Neubauprojekte von Autobahnen und Bundesstraßen hingegen gehören auf den Prüfstand und brauchen eine Einzelfall-Finanzierung.
Der Ausbau- und Modernisierungspakt für den ÖPNV ist ein zentraler Baustein für die Verkehrswende – und unabdingbar, wenn die Ampel ihr Ziel erreichen will, die Fahrgastzahlen bei Bus und Bahn zu verdoppeln. Der Bund muss endlich seine Blockadehaltung aufgeben und gemeinsam mit Ländern und Kommunen eine dauerhafte Finanzierung auf die Beine stellen.
Auch das 49-Euro-Deutschlandticket ist wichtiger Bestandteil einer nachhaltigen Mobilität der Zukunft. Seine Finanzierung muss endlich dauerhaft gesichert werden, damit sich die Kunden auf das Angebot verlassen können und die Verkehrsverbünde Planungssicherheit bekommen. Die Verkehrsminister fordern zurecht, dass der Bund endlich wie vereinbart, die Restmittel aus 2023 überträgt. Das hatte die Ministerpräsidentenkonferenz 2023 vereinbart. Für den VCD ist essenziell, dass dabei der Preis von 49 Euro für die nächsten Jahre garantiert wird. Außerdem muss das Standardangebot um Sozial- und Jugendtickets für höchstens 29 Euro ergänzt werden.
Uns ist klar, dass all das hohe Anforderungen an die öffentlichen Kassen stellt. Es ist jedoch keine Lösung, die Probleme vor sich herzuschieben – dazu fehlt uns die Zeit, denn weder die Klimakrise noch der Verfall der Infrastruktur nehmen Rücksicht auf die Schuldenbremse oder auf Parteienstreit. Die Zeit zu handeln ist jetzt; das Geld dafür kann sich der Bund nicht zuletzt aus dem Abbau klimaschädlicher Subventionen besorgen!“
Pressemitteilung VCD
VMK: Fahrplan für das Scheitern der Verkehrswende
Rieger: Umbau in Richtung klimafreundlichen Verkehr vorantreiben und nicht davon weg
Die heutige Verkehrsministerkonferenz hat wieder kein Ergebnis für eine auskömmliche Finanzierung des ÖPNV gefunden. Auch ein günstiger Preis für das Deutschlandticket ist noch nicht langfristig gesichert. NABU-Klimachef Daniel Rieger kritisiert eine falsche Schwerpunktsetzung durch den Bundesverkehrsminister:
„Landauf, landab drohen Fahrplanausdünnungen, weil die Finanzierung des ÖPNV nicht gesichert ist. Bund und Länder schreiben damit einen Fahrplan für das Scheitern der Verkehrswende. Eine Ursache: Der im Koalitionsvertrag festgeschriebene Ausbau- und Modernisierungspakt für den ÖPNV wartet weiter auf seine Umsetzung. Auch Errungenschaften wie das Deutschlandticket nützen nichts, wenn das Angebot mangels Finanzierung zusammenbricht. Bundesverkehrsminister Volker Wissing muss einsehen, dass er mit seiner Auto-First-Politik weder etwas für die Senkung der CO2-Emissionen noch für einen starken und attraktiven ÖPNV tut.“
Öffentliche Infrastruktur mit Bedeutung für sozialen Frieden
Der Zugang zu funktionierender, kostengünstiger öffentlicher Infrastruktur ist wichtig für den sozialen Frieden. Sie ermöglicht eine gerechtere Teilhabe aller Menschen an der Mobilität und somit auch der Gesellschaft. Die Parteien haben hier eine Chance, die Demokratie zu stärken, indem sie dem Ausbau der sozialen Infrastruktur, samt eines attraktiven Angebots, Priorität einräumen. Damit würde auch rechtspopulistischen Narrativen entgegengewirkt, die dem Staat Handlungsunfähigkeit vorwerfen.
Pressemitteilung NABU
Foto: Straßenbahn ohne Oberleitung in Tours/Frankreich © wuz