Hamburgs Luftverkehr außer Kontrolle: Verspätungsflüge mit weiterem Höchststand
Während Hamburg sich im Rahmen der Sustainability Week als Modellregion für nachhaltige Entwicklung inszeniert, stehen die Fakten im Luftverkehr in eklatantem Widerspruch zu den Klimazielen und den Sustainable Development Goals (SDGs).
Die Förderung eines wachstumsorientierten Luftverkehrs, der zugleich regelmäßig die Nachtruhe verletzt, ist unvereinbar mit echter Nachhaltigkeit.
Gleichzeitig verschärft sich das Verspätungschaos am Hamburger Flughafen weiter – und niemand greift ein. Bis Ende Mai 2025 wurden 192 Starts und Landungen nach 23 Uhr registriert – ein weiterer Höchststand in der Serie der vergangenen Jahre. Damit liegt das laufende Jahr bereits deutlich über dem Vorjahreswert (172) und nähert sich dem Referenzjahr 2019 mit 230 nächtlichen Flugbewegungen – obwohl das Verkehrsaufkommen weiterhin unter dem Niveau der Vor-Pandemiezeit liegt. Besonders gravierend: Deutlich mehr als die Hälfte dieser Flüge entfällt auf Eurowings und Lufthansa, die das Nachtfenster offenbar systematisch in ihre Abläufe einbeziehen.
Für diese beiden Fluggesellschaften liegt die durchschnittliche Verspätung nach 23 Uhr, dem offiziellen Betriebszeitenende, aktuell bei 21 Minuten – ein signifikanter Anstieg gegenüber dem Vorjahr (18 Minuten). Damit wird deutlich: Die sogenannte Verspätungsregelung schützt nicht – sie ermöglicht, legitimiert und verschärft das Problem. Was einst als Ausnahme gedacht war, dient heute als Einfallstor für einen strukturell angelegten Nachtflugbetrieb.
Als Umweltverband prüfen wir nun juristische Schritte gegen Eurowings. Seit vielen Jahren führt die Airline mit großem Abstand die Liste der nächtlichen Verspätungen an. Die fast tägliche Berufung auf angeblich „unvermeidbare“ Gründe wirft drängende Fragen auf.
Dazu Martin Mosel, Vorsitzender des Umweltverbands BIG Fluglärm in Hamburg:
„Die Häufung angeblich unvermeidbarer Verspätungsgründe bei nur einer Fluggesellschaft deutet entweder auf eine fehlende betriebliche Zuverlässigkeit hin – oder hier werden systematisch wirtschaftliche Interessen gegen die Gesundheit der Betroffenen ausgespielt. Warum? In Hamburg ist die sogenannte Verspätungsregel bewusst so formuliert, dass sie faktisch zum ungesühnten Rechtsbruch einlädt.“
Für Mosel ist die Hamburger Sustainability Week Ausdruck eines tiefen Widerspruchs:
„Nachhaltigkeit zu predigen und gleichzeitig klima- und gesundheitsschädlichen Luftverkehr zu fördern, ist ein unanständiges Doppelspiel – nahe am Greenwashing. Was sich in Hamburg abzeichnet, ist ein kontrollfreier, wenn nicht sogar rechtsfreier Raum wirtschaftlicher Interessen. Die Leidtragenden sind viele zehntausende Menschen, deren Schlaf- und Erholungsphasen Nacht für Nacht gestört werden – unter Duldung der Behörden und mit politischer Rückendeckung. Damit muss Schluss sein. Hamburg braucht eine klare Nachtruhe – keine Starts und Landungen nach 23 Uhr. Punkt.“
Pressemitteilung BIG Fluglärm